Hämostaseologische Labordiagnostik / Gerinnungsdiagnostik
Das Blut mit seinen einzelnen Bestandteilen erfüllt viele wesentliche Aufgaben, um die Lebensvorgänge aufrechtzuerhalten. Die Hämostase (Blutstillung) ist ein lebenswichtiger Prozess, dieser kann mit hämostaseologischer Labordiagnostik überprüft werden. Hämostase ist wichtig, um bei Verletzungen der Blutgefäße einen übermäßigen Blutverlust zu verhindern. Die dazu notwendige Blutgerinnung muss somit schnell einsetzen, soll allerdings auf den Bereich der Verletzung begrenzt bleiben. Damit dies optimal gelingt, ist eine Balance zwischen anti- und pro-koagulatorischen Faktoren erforderlich. Daher sollten Erkrankungen frühzeitig durch eine hämostaseologische Labordiagnostik erkannt werden.
Hämostaseologische Labordiagnostik: Was ist Hämostase?
Vereinfacht dargestellt, besteht die Hämostase aus der sogenannten primären Hämostase und der sekundären Hämostase. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der sogenannte von Willebrand-Faktor (VWF) - ein riesiges multimeres Eiweiß - welcher in kondensierter Form im Blutstrom zirkuliert. Er ist außerdem das Trägerprotein für den Gerinnungsfaktor VIII (FVIII), der durch seine Bindung an VWF vor einem beschleunigten Abbau geschützt ist. Bei einer Verletzung bindet VWF an Kollagenfasern des Subendothels der Gefäßwand und wird durch die Scherkräfte des Blutflusses zu einem langen Faden expandiert, welcher wiederum die im Blut zirkulierenden Thrombozyten über deren GPIb-Rezeptor bindet. Dies setzt eine Signalkette innerhalb der Thrombozyten in Gang, welche zur Externalisierung und Aktivierung des Thrombozytenrezeptors GpIIb/IIIa an der Thrombozytenoberfläche führt. An diesen bindet sowohl weiterer VWF als auch Fibrinogen, welches durch Quervernetzung ein Fibringerüst generiert. Das Ergebnis ist ein Verschluss der Gefäßläsion.
Somit entsteht der primäre Wundverschluss unter Beteiligung der Gefäßwand, der Thrombozyten und des VWF.
Bei der parallel verlaufenden, sekundären (plasmatischen) Hämostase wird der erste, zunächst lockere Wundverschluss unter Beteiligung von FVIII und weiterer Gerinnungsfaktoren verstärkt. Im Anschluss setzt die Wundheilung ein. Das fibrinolytische System löst am Ende überschüssiges Fibrin wieder auf. Eine Erkrankung der Hämostase kann mit hämostaseologischer Labordiagnostik erkannt und danach medikamentös behandelt werden.
Störungen erkennen durch hämostaseologische Labordiagnostik
Bei einer Blutgerinnungsstörung (Koagulopathie) ist die Hämostase krankhaft gestört. In schweren Fällen können bereits geringe Verletzungen zu langanhaltenden und schweren Blutungen führen. Diese können durch eine hämostaseologische Labordiagnostik erkannt werden. Die bekanntesten und schwersten Koagulopathien sind die Bluterkrankheiten Hämophilie A und Hämophilie B. Häufig ist auch der Faktor VII Mangel, der aber nur in seiner wiederum sehr seltenen schwersten homozygoten Form mit Hämophilie-ähnlichen Blutungsereignissen einhergeht. Auch einer verzögerten Wundheilung oder verstärkten Narbenbildung nach Verletzungen kann eine Gerinnungsstörung zu Grunde liegen. Das von Willebrand-Syndrom ist die häufigste Blutungsneigung mit einer Prävalenz von ca. 1:1000. Um eine solche Erkrankung nicht erst im Ernstfall festzustellen, sollte vorbeugend eine hämostaseologische Labordiagnostik durchgeführt werden.
Eine gegenteilige Situation ist die Neigung zu Gefäßverschlüssen (Thrombophilie), z.B. durch Thrombosen der Venen oder Infarkten der Arterien beim Schlaganfall und dem Herzinfarkt und bei schweren Mikroangiopathien wie dem schweren Mangel von ADAMTS13, der von Willebrand-Faktor-spaltenden Protease. Sowohl eine Blutungsneigung aber auch eine Thrombophilie können somit zu schweren Komplikationen und Folgeerkrankungen führen. Wenn ein Verdacht besteht, sollte dieser vorbeugend mit einer hämostaseologischen Labordiagnostik untersucht werden.
Erkrankungen sind häufig:
Nach Angaben der deutschen Gesellschaft für Angiologie (Gesellschaft für Gefäßmedizin) erleiden im Durchschnitt ca. 1 von 1000 Personen eine venöse Thrombembolie (VTE). Die tiefen Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien (LE) sind nach Myokardinfarkt und Schlaganfall die dritthäufigsten zum Tode führenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In etwa 30% der Fälle entwickelt sich in der Folge ein sogenanntes postthrombotisches Syndrom (PTS). Neben Risikofaktoren wie z.B. Operationen, Krebserkrankungen oder Immobilisation können persönliche Risikofaktoren eine wichtige Rolle spielen. Solche Erkrankungen lassen sich mit der hämostaseologischen Labordiagnostik erkennen.
Die nach Virchow benannte „Virchow-Trias“ beschreibt die ursächlichen Faktoren der Entstehung einer Thrombose. Das sind ein gestörter Blutfluss, krankhaft veränderte Gefäßwände sowie eine veränderte Blutzusammensetzung. Eine stärkere Blutgerinnung als üblich kann eineThrombosebildung fördern. Man bezeichnet dies als Thrombophilie. Auch diese kann mit der hämostaseologischen Labordiagnostik erkannt werden.
Die Anlässe zur Abklärung einer Thromboseneigung sind vielfältig:
Besteht der Verdacht auf eine familiäre Thromboseneigung, hatten Sie selbst einen Gefäßverschluss (tiefe Beinvenenthrombose) oder eine Lungenembolie, kam es in der Vergangenheit zu gehäuften Aborten, dann sollten Thromboserisikofaktoren durch eine hämostaseologische Labordiagnostik untersucht werden, um eine mögliche Ursache und die bestmögliche medikamentöse Therapie mit sogenannten Antikoagulanzien („Blutverdünner“) zu finden und die Dauer der Therapie festzulegen.
Auch nach Verschlüssen von Arterien, z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Gefäßverschlüssen in der Augen-Netzhaut, vor einer geplanten Einnahme der Antibabypille (orale Kontrazeption), bei einer Kinderwunschbehandlung oder einer Hormonersatztherapie kann eine Abklärung einer Gerinnungsstörung, durch eine hämostaseologische Labordiagnostik, notwendig sein.
Zeichen einer Blutungsneigung sind:
- Verstärkte Nachblutungen bei Schnittwunden oder nach Operationen
- Gelenk- und/oder Muskelblutungen
- langanhaltende Blutungen nach Geburten
- eine vermehrte Hämatomneigung (blaue Flecken)
- verstärkte Menstruationsblutungen
- stärkeres Nasenbluten
Diese Symptome können auf eine Gerinnungsstörung hinweisen. Starke Nachblutungen nach Zahnextraktionen oder Zahnreinigungen, können ebenso Anlass für eine hämostaseologische Labordiagnostik sein. Auch hier hier können die Ursachen erworben oder hereditär (angeboren) sein.
Störungen der Hämostase können erblich bedingt sein:
Oftmals treten aber in der näheren und weiteren Familie auch bei anderen Familienmitgliedern Störungen der Hämostase auf. Eine entsprechende Empfehlung zur Nachfrage bzgl. einer Blutungsneigung bei weiteren Familienmitgliedern kann hilfreiche Informationen liefern. Wenn es in der Familie z.B. ein von Willebrand-Syndrom, eine Hämophilie A oder Hämophilie B oder einen Mangel an anderen Gerinnungsfaktoren gibt, sollte eine diesbezügliche hämostaseologische Labordiagnostik erfolgen. Dabei ist das von Willebrand-Syndrom die am häufigsten vererbte Blutungsneigung.
Hämostaseologische Labordiagnostik ist vielseitig
Eine hämostaseologische Labordiagnostik kann auch bei einer zu niedrigen Anzahl von Blutplättchen (Thrombozyten) und/oder bei einer Störung der Thrombozytenfunktion nach Infekten oder durch Medikamente angezeigt sein. Diese sogenannte Thrombozytopathie kann sowohl angeboren als auch erworben sein.
In solchen Fällen ist eine Kontrolle oder längere Überwachung einer Therapie mit Antikoagulanzien ebenfalls mit einer Gerinnungsuntersuchung möglich, um die ausreichende Wirkung eines Thrombozyten-Aggregationshemmers festzustellen, bzw. die Marcumareinnahme oder Heparintherapie zu steuern. Dies alles wird mit einer hämostaseologischen Labordiagnostik durchgeführt.
Allerdings kann eine Therapie mit heute üblichen Antikoagulantien die Gerinnungsteste stören, hierzu gehören:
- Vitamin K Antagonisten (Cumarine sowie Phenprocoumon (Marcumar®)
- Direkte orale Antikoagulantien (DOAK´s oder NOAK´s)
- Rivaroxaban (Xarelto®)
- Apixaban (Eliquis®)
- Edoxaban (Lixiana®)
- Dabigatran (Pradaxa®)
- niedermolekulare oder Standard-Heparine
- Heparinoid (Orgaran®)
- Fondaparinux (Arixtra®)
- direkter Thrombininhibitor (Agartra®)
Wir beurteilen in unserem Labor für Hämostaseologie, anhand der Gerinnungsteste, ob ein Medikament ausreichend wirkt oder zu „falschen“ (pathologischen) Ergebnissen führt.
Schwerpunkte unserer hämostaseologischen Labordiagnostik
Neben den o.g. diagnostischen Verfahren widmet sich unser Labor im Rahmen der hämostaseologischen Labordiagnostik schwerpunktmäßig der Untersuchung und Klassifizierung des von Willebrand-Syndroms sowie der zusätzlichen Beratung bei erblichen und erworbenen Störungen der Blutgerinnung.
Darüber hinaus bieten wir als eines der wenigen Labore für Hämostaseologie in Deutschland eine spezifische hämostaseologische Labordiagnostik für lebensbedrohliche Erkrankungen, wie die Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT Typ II) sowie die Thrombotisch-Thrombozytopenische Purpura (TTP, Morbus Moschcowitz) mit der Untersuchung der von Willebrand Faktor-spaltenden Protease (ADAMTS13) an.
Diese, für die Therapie der Patienten besonders zeitkritischen, Untersuchungsergebnisse stehen, in der Regel nach rechtzeitigem Eingang im Labor, am selben Tage zur Verfügung.
Zuverlässige hämostaseologische Labordiagnostik und Interpretation der Befunde helfen bei der Behandlung von Störungen des Gerinnungssystems und unterstützen die einsendenden Ärztinnen und Ärzte bei der Therapiewahl.
Jetzt hämostaseologischen Labordiagnostik in Anspruch nehmen
Mit Hilfe unseres Anforderungsscheins können Sie schnell und unkompliziert Ihre Gerinnungsuntersuchung (hämostaseologische Labordiagnostik) bei uns in Auftrag geben. Eine Zusendung einer Blutprobe per Post oder mit einem Transportunternehmen ist jederzeit möglich.
Nicht nur Ärztinnen und Ärzte, sondern auch Privatpersonen können unsere hämostaseologische Labordiagnostik, an verschiedensten Standorten, in Anspruch nehmen. Auch alle anderen Fachbereiche stehen Ihnen offen.
Sollten Sie anderweitige gesundheitliche Probleme haben, zögern Sie nicht, Kontakt zu uns aufzunehmen. Wir bieten auch Spezialuntersuchungen aus den Bereichen der Bakteriologie, Infektionsserologie und Molekulargenetik an.
Unser kompetentes Fachpersonal der MEDILYS Laborgesellschaft steht Ihnen gerne für Fragen zur Verfügung.
Erreichbarkeit Labor
MEDILYS Laborgesellschaft mbH
Hämostaseologie
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Dr. med. Sonja Schneppenheim
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