Morbus Perthes

M.Perthes1

Der M. Perthes entsteht aufgrund einer geminderten Durchblutung des Hüftkopfes im Kindesalter. Am häufigsten sind Jungen zwischen dem vierten und achten Lebensjahr betroffen. Die Ursache für die Durchblutungsstörung ist noch nicht bekannt, es gibt jedoch Vermutungen, dass verschiedene Faktoren wie z.B. mechanische Überbelastung, unterschwellige Gerinnungsstörung und passives Rauchen alleine oder in Kombination eine Rolle bei der Entstehung spielen.
Die Krankheit verläuft in vier Phasen auch „Stadien“ genannt. Die erste Phase (Kondensationsstadium) ist durch eine vermehrte Knochendichte des Hüftkopfes charakterisiert. In der zweiten Phase (Resorptionsstadium) werden die nicht durchbluteten, abgestorbenen Knochenzellen abgebaut, die betroffenen Anteile des Hüftkopfes sehen auf dem Röntgenbild wie aufgelöst aus, der Hüftkopf wird weich und kann sich verformen. In der dritten Phase (Aufbaustadium, Remodellierungsstadium) baut sich der Hüftkopf wieder auf, die Knochenzellen gewinnen an Kalksalzgehalt, der Knochen wird härter und widerstandsfähiger, radiologisch sind zunehmend knochendichte Areale sichtbar. Die vierte und letzte Phase (Residualstadium) ist durch unterschiedlich ausgeprägte Veränderungen der Hüftkopfform gezeichnet. Die Umbauprozesse sind abgeschlossen, der Hüftkopf hat seine endgültige Form angenommen, eine weitere Abrundung ist nicht mehr zu erwarten. Die Krankheit verläuft im Regelfall insgesamt ca. 2-3 Jahre, es sind aber auch längere (protrahierte) Verläufe insbesondere bei älteren Kindern bekannt.

Diagnostik

M.Perthes2

Ein erfahrener Spezialist kann schon bei der klinischen Untersuchung einen M. Perthes erahnen. Ein häufiges Merkmal der Krankheit sind Beschwerden, die meistens belastungsabhängig auftreten. Typischerweise klagen die Kinder über Oberschenkel- oder sogar Knieschmerzen. Ein weiteres Symptom ist das Hinken, das in vielen Fällen seit mehreren Wochen bekannt ist und auch ohne Schmerzbeschwerden einhergehen kann. Eine Einschränkung der Beweglichkeit insbesondere der Abspreizfähigkeit und der Drehbewegungen in der Hüfte ergänzen das klinische Bild.
Von den bildgebenden Verfahren ist die Röntgendiagnostik der goldene Standard. In manchen Fällen kann zusätzlich eine MRT-Untersuchung erforderlich sein. Bei deutlicher Einschränkung der Beweglichkeit und Verdacht auf ein s.g. „Hinge Abduction“ Phänomen kann eine dynamische Röntgendurchleuchtung indiziert sein, bei der zur besseren Darstellung Kontrastmittel in das Hüftgelenk injiziert wird. Aus diesem Grund erfolgt die Untersuchung in einer kurzen Narkose.

Therapie und Prognose

M.Perthes3

Der M. Perthes ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, deren Behandlung in die Hände erfahrener Kinderorthopäden gehört. Es gibt kein allgemeingültiges Behandlungsschema. Das Behandlungskonzept muss auf den individuellen Verlauf des Einzelfalls abgestimmt werden wie bei kaum einer anderen kinderorthopädischen Erkrankung.

In den meisten Fällen wird bei Diagnosestellung zunächst eine Krankengymnastik verordnet, welche den verlorenen Bewegungsumfang des Gelenkes wieder erarbeiten und erhalten soll. Die Physiotherapie ist bis zum Erkrankungsende, also über mehrere Jahre, durchzuführen und von großer Bedeutung. Der durch die Durchblutungsstörung weich werdende Hüftkopf bedient sich der Hüftpfanne als „Förmchen“, um sich im Lauf der Zeit wieder aufzubauen. Aber nur wenn der Kopf in der Pfanne gut beweglich bleibt, wird er sich beim Wiederaufbau zu einem runden Kopf mit „sphärischer Form“ entwickeln. Die sphärische Formgebung nach Ausheilung der Erkrankung ist ganz entscheidend für die langfristige Prognose. Ein nicht sphärisch ausheilender Kopf führt frühzeitig zu Gelenkverschleiß und erfordert dann unter Umständen schon im mittleren Erwachsenenalter eine Endoprothese.
Ebenfall bereits von Beginn der Behandlung an ist es erforderlich, den Hüftkopf zu schonen und auf Spitzenbelastungen zu verzichten,  das heißt auf die meisten sportlichen Aktivitäten. Früher versuchte man, die Entlastung durch Apparate zu gewährleisten. Studien haben aber nachgewiesen, dass diese Apparate oft kontraproduktiv sind und ihr Ziel nicht erreichen, so dass heute vollständig darauf verzichtet wird.

M.Perthes4

Führt ein Gelenkerguss zu einer erheblichen Einschränkung der Beweglichkeit im Hüftgelenk, dann kann für ein paar Tage eine Entlastung – unter Umständen auch unter stationären Bedingungen und Anhängen eines Gewichtes an das betroffene Bein (sogenannte „Längsextension“) – erforderlich sein.

Überschreitet die Bewegungseinschränkung ein bestimmtes Maß und bessert sich trotz aller genannten Bemühungen nicht, wird in einer kurzen Narkose eine „hydraulische Mobilisation“ des Gelenkes durchgeführt. Dabei wird das Gelenk punktiert und die Gelenkkapsel durch Einbringen von Flüssigkeit gedehnt. Anschließend werden an beiden Beinen Unterschenkelgipse angelegt, welche über einen Bügel in weiter Abspreizung fixiert werden können (Petrie-Cast). Das sichert die verbesserte Beweglichkeit und ermöglicht trotzdem die begleitende intensive Physiotherapie.

Leider ist es dem M. Perhes zu eigen, dass es Verläufe gibt, bei denen es trotz aller konservativer Bemühungen nicht zu einer ausreichenden Beweglichkeit im Hüftgelenk kommt. Dann wird eine operative Therapie erforderlich. Je nach Alter des Kindes und individueller Situation kommen Operationen in Frage, welche die Einstellung des Hüftkopfes in der Pfanne verbessern oder die Formgebung der Pfanne gegenüber dem Hüftkopf oder auch Kombinationen von beidem.

Seite teilen: