Schilddrüsenerkrankungen Thema bei Medizin Bürgernah
„Ruhe bewahren, wenn bei Ihnen ein Schilddrüsenknoten entdeckt wird“, empfahl der Radiologe Dr. Roland Raabe, Praxis Radiomed in Wiesbaden, den Zuhörern auf der jüngsten „Medizin bürgernah“-Veranstaltung der Asklepios-Paulinen-Klinik (APK). Gemeinsam mit dem Chefarzt des Schwerpunktzentrums Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenchirurgie der APK, Dr. Christian Gaedertz, begründete er, warum es für Betroffene keinen Grund zur Panik gebe.
Meistens gutartig
Erstens seien diese Knoten in den meisten Fällen gutartig, und zweitens bestünden im Falle ihrer Bösartigkeit beste Heilungschancen. Voraussetzung sei es, nach der Entdeckung der knotigen Veränderung einen Nuklearmediziner aufzusuchen. Dieser bedient sich unterschiedlichster Methoden, darunter Ultraschall und Szintigramm, um die Schilddrüsenerkrankung zu bestimmen. Krankheiten der hormonbildenden Drüse unterhalb des Kehlkopfes können unter anderem aufgrund von Jodmangel, familiärer Disposition oder Strahlenbelastung entstehen und zu Schluckbeschwerden, Luftnot oder Druckempfinden führen.
Je nach Diagnose wird die Behandlung festgelegt, für die verschiedene Möglichkeiten zur Wahl stehen: Medikamente, Operation und Radiojodtherapie. Ist eine Operation erforderlich, sollte der Patient den Eingriff ausschließlich von einem Spezialisten durchführen lassen, empfahlen die beiden Referenten auf der gut besuchten Veranstaltung im Paulinen-Bistro. Schließlich erfordere die OP hinsichtlich der empfindlichen Strukturen wie Nebenschilddrüsen und Stimmbandnerven „Routine, Talent und Gefühl“, wie Gaedertz unterstrich. In Deutschland dürfe zwar jeder Chirurg eine Schilddrüsen-Operation durchführen, aber die Komplikationsquote liege bei den Experten sehr viel niedriger als bei diesbezüglich ungeübten Operateuren. In Zentren für Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenchirurgie komme es beispielsweise sehr viel seltener zu Nachblutungen oder Stimmbandnervenlähmung.
Gaedertz demonstrierte mit einem Video, wie die Funktion der Stimmbandnerven während einer OP permanent mittels elektrischer Impulse überprüft wird. Und anders als in der Vergangenheit ermögliche eine moderne Ultraschallschere heute einen kleineren Operationszugang, eine schonende Präparation des Gewebes und den sicheren Verschluss der Blutgefäße, welche die Schilddrüse versorgen.
In seinen Ausführungen zu den sehr viel selteneren Nebenschilddrüsen-Erkrankungen unterstrich der endokrine Chirurg deren möglicherweise tiefgreifende Auswirkung auf den Kalziumhaushalt. Im Hinblick darauf verstehe er nicht, dass die Bestimmung des Kalziumspiegels nicht zu den von Krankenkassen übernommenen Untersuchungen zähle. Denn Betroffene litten nicht nur unter Müdigkeit und einem Leistungsknick, sie hätten auch ein erhöhtes Risiko, an Osteoporose zu erkranken oder den Herzsekundentod zu erleiden. Er habe gerade bei einer hochbetagten Frau einen entsprechenden Eingriff vorgenommen, sodass der Kalziumspiegel schon am nächsten Tag gesunken sei. „Sie begann wieder Zeitung zu lesen und stellte ihren Rollator in die Ecke.“
Der Text stammt aus dem Wiesbadener Kurier vom 14.04.2016.