Interview mit Dr. Thiel zum Thema Hodenkrebs
Diese Woche steht das Motto unter dem Thema „Hodenkrebs“. Jährlich erkranken bis zu 4.000 Männer in Deutschland. Meist trifft es die 20 bis 40 Jährigen. Die erste Vorsorge kann jeder Mann zu Hause selbst durchführen. Dr. Thiel berichtet in einem Interview über die Vorsorge und Therapiemöglichkeiten.
Wie können Männer schon zu Hause eine erste Vorsorge durchführen?
Die Hoden liegen als einzige Organe des Menschen außerhalb des Körperstamms und können so gut im Hodensack getastet werden. Wichtig ist, dass der junge Mann durch regelmäßige Selbstuntersuchung z.B. einmal im Monat ein Gefühl dafür bekommt, wie sich ein normaler Hoden anfühlt: oval, derb und glatt. Auffällig sind harte Knoten im Hoden oder Vergrößerungen eines Hodens selbst, die meistens nicht schmerzhaft sind. Dann sollte man sofort einen Urologen aufsuchen.
Welche Untersuchungen führt der Urologe bei der Vorsorge durch?
Der Urologe führt auch erst mal eine fachmännische Tastuntersuchung durch. Am wichtigsten ist jedoch eine Ultraschalluntersuchung. Dabei kann festgestellt werden, ob der Hoden normal ist oder ob Zysten z.B. im Nebenhodenbereich vorkommen oder auch ein Tumor im Hodengewebe vorliegt. Auch Blutuntersuchungen auf sogenannte Hoden-Tumormarker werden dann veranlasst. In vielen Fällen handelt es sich glücklicherweise eher um harmlose Entzündungen oder Schwellungen des Nebenhodens, was vom Laien aber nicht unterschieden werden kann.
Ab wie viel Jahren sollte man zur Vorsorge und wie häufig?
Im Vordergrund steht die Eigenuntersuchung. Eine regelmäßige Vorsorge beim Arzt, wie z.B. beim Brustkrebs oder Prostatakrebs, ist im deutschen Gesundheitswesen nicht vorgesehen. Eine Ausnahme bilden Jungs mit angeborenem Hodenhochstand, auch wenn diese im Kindesalter schon operiert wurden. Hier sind jährliche Kontrollen sinnvoll, da diese Patienten ein deutlich erhöhtes Risiko für die Ausbildung eines Hodentumors aufweisen (ca. 10-fach erhöhtes Risiko).
Was raten Sie Männern, die Angst vorm Urologen haben?
Diese Angst ist meistens unbegründet. Urologen sind Ärzte wie andere auch und haben es professionell gelernt, mit schwierigen Themen wie Erkrankungen der Genitalorgane oder Sexualstörungen umzugehen. Spätesten nach dem ersten Besuch beim Urologen sollte diese Angst weg sein und fast immer hat man dabei auch etwas über seinen eigenen Körper gelernt.
Wenn „Hodenkrebs“ diagnostiziert wurde, welche Therapieformen gibt es?
Der Hodentumor ist heutzutage die am besten zu behandelnde Krebserkrankung mit ausgezeichneten Heilungschancen über 95%. Gute Beispiele dafür sind prominente Sportler, die diese Erkrankungen hervorragend überstanden haben und danach noch zu Höchstleistungen im Stande waren, wie der Radfahrer Lance Armstrong oder der Fußballer Marco Russ.
Wenn ein Hodentumor diagnostiziert wird, ist der erste Schritt eine Operation meist mit Entfernung des kranken Hodens und feingeweblicher Untersuchung unter dem Mikroskop. Erst dann steht fest, um welchen Form eines Hodentumors es sich handelt. Weitere Untersuchungen wie Computertomographie (CT) oder MRT sind erforderlich, um festzustellen, ob der Tumor schon gestreut hat (Metastasen). Auch in diesen fortgeschrittenen Fällen wird in den allermeisten Fällen eine komplette Heilung durch Chemotherapie erreicht.
Bleiben Männer nach einem Hodenkrebs zeugungsfähig?
Fast immer ist noch ein gesunder zweiter Hoden vorhanden, der dann noch Spermien produziert und für Nachwuchs sorgen kann. Falls jedoch eine Chemotherapie nötig ist, sollte vorher vorsorglich eine Spermaprobe tiefgefroren in eine Samenbank gelagert werden.