Erlebnisse jenseits des Bewältigungsvermögens

Experten am Asklepios Fachklinikum Stadtroda sind auf Behandlung von Patienten mit Posttraumatischem Stresssymptom spezialisiert

Stadtroda, den 09. 01. 2018. Das Wort „Trauma“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet allgemein Verletzung, ohne dabei eine Festlegung zu treffen, wodurch diese hervorgerufen wurde. Auslöser seien „Ereignisse, die das Bewältigungsvermögen der betroffenen Personen übersteigen“, konkretisiert Dr. Uwe Wutzler, Chefarzt der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatische Medizin am Asklepios Fachklinikum Stadtroda.

Es handele sich um „starke emotionale Belastungen, die gewöhnlich nicht Gegenstand des normalen Lebens sind und mit dem Gefühl existenzieller Bedrohung verbunden werden“, sagt der Chefarzt.

Dabei spiele nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen das individuelle Empfinden der Betroffenen eine wesentlich höhere Rolle als bislang angenommen. Nach dieser größer aufgefassten Definition könnten – je nach individueller Konstitution – schon Ereignisse wie eine Handgreiflichkeit oder ein Unfall mit Blechschaden Traumata auslösen, während dies bislang vor allem bei Ereignissen besonderer Schwere, wie etwa nach Folter oder Vergewaltigung, angenommen worden war.

Auf die Behandlungen von Patienten mit Posttraumatischem Stresssymptom – synonym spricht man von der posttraumatischen Belastungsstörung, kurz: PTSD (von engl. Posttraumatic Stress Disorder) – sind die Experten der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatische Medizin am Asklepios Fachklinikum Stadtroda spezialisiert.

Zudem sei – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Flüchtlingsthematik – die thüringenweite Bildung und Vernetzung von Trauma-Zentren im Entstehen begriffen. „Durch die Flüchtlinge stehen wir bei der Behandlung von Traumata noch einmal vor ganz anderen Herausforderungen, was Anlass dazu gibt, das Trauma-Netzwerk in Thüringen auszubauen“, betont Dr. Wutzler.

Das Spektrum der Patientengruppen, die aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung behandelt werden, ist unterschiedlich. Zum einen gebe es Patienten, „die kommen bereits mit einer Diagnose und einem direkten Bezug zu einem traumatisierenden Ereignis“, erklärt Dr. Wutzler. Dies sei etwa bei einem Bahn-Angestellten der Fall, der eines tödlichen Unglücks ansichtig geworden ist.

Häufiger aber sei eine zweite Gruppe an Betroffenen. „Es handelt sich hierbei um Patienten, die mit anderen Symptomen kommen und bei denen sich erst während der Therapie herausstellt, dass ein Trauma dahinter steckt“, weiß Chefarzt Dr. Wutzler aus Erfahrung. So litten diese Patienten etwa unter Beschwerden wie kurzzeitigen Ohnmachtszuständen, epileptischen Beschwerden, Schwindel, cardiophobischen Symptomen, Schluckstörungen oder chronischen Schmerzen. Erst später im Laufe der psychosomatischen Behandlung stelle sich heraus, dass diese Beschwerden im Einzelfall auf traumatische Erlebnisse, etwa auf schweren sexuellen Missbrauch in der Kindheit, zurückzuführen waren.

Die aktuelle Studienlage belegt, dass viele Patienten mit chronischer Schmerzsymptomatik ein – meist verdrängtes – Trauma in der Kindheit erlebt haben: körperlichen Missbrauch, Bestrafung, Gewalt, Deprivation. Frauen sind davon häufiger betroffen. Es wird auch davon ausgegangen, dass mehr als zwei Drittel der Patientinnen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung in ihrer Kindheit Opfer von Missbrauch oder Misshandlung geworden sind.

Eine dritte Gruppe von Patienten habe etwa durch operative Eingriffe oder medizinische Fehlbehandlungen ein Trauma erlitten. „Es wird oft ausgeblendet, dass wir es in der Medizin oft mit lebensbedrohlichen Erkrankungen zu tun haben, die Patienten durchaus wie ein Trauma erleben können“, erklärt Dr. Uwe Wutzler. Hinzu komme – gerade durch Auslandseinsätze – eine weitere Gruppe von Patienten, nämlich die der traumatisierten Soldaten. Für diese seien in der Bundeswehr spezielle Trauma-Zentren eingerichtet worden.

Bei allen diesen Patienten-Gruppen sei es zunächst wichtig, „Techniken zur emotionalen Stabilisierung aufzubauen, um das auszuhalten, was die psychotherapeutische Aufarbeitung des Traumas wieder hervorholt“, erläutert Chefarzt Wutzler. Eine gute Arzt-Bindung, eine positive Einschätzung von sich selbst sowie das Erlernen von Imaginations-Techniken können hier helfen. Generell gelte: Je länger andauernd, je intensiver und je früher in der Kindheit das traumatische Erlebnis zurückliege, umso schwieriger und länger ist die therapeutische Aufarbeitung.

Neben Stabilisierung und Ressourcenaufbau spielt die erneute Vergegenwärtigung des Traumas eine entscheidende Rolle. Denn in der Regel gelingt es den Patienten nicht, die verschiedenen Erlebnisse während des Traumas, die sie nicht bewältigen können, in einen erzählbaren Zusammenhang zu bringen. Die verschiedenen Erinnerungsbruchstücke stehen zusammenhanglos – dissoziiert – nebeneinander. Die Therapie soll dabei helfen, aus den einzelnen Bruchstücken wieder etwas Ganzes und Klares zu machen, mit dem die Betroffenen im Alltag besser und achtsamer umgehen können.

 

Kontakt

Dr. Uwe Wutzler
Chefarzt Klinik für Psychotherapie und Psychosomatische Medizin
Tel.: (036428) 56 1462
E-Mail:
u.wutzler@asklepios.com

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