Akutgeriatrie in Seligenstadt

Kontinuität im Wandel

Das Bild zeigt Herrn Richter im Gespräch mit einer geriatrischen Patientin

Bereits seit 2010 besteht die akut-geriatrische Abteilung der Asklepios Klinik Seligenstadt, die für eine strukturierte Nachbehandlung älterer Menschen nach akuten Krankenhausbehandlungen sorgt. Unter dem Dach des Zentrums für Innere Medizin und Geriatrie unter der Leitung von Herrn Dr. Stergiou wurde die Abteilung von Chefärztin Frau Dr. Manus, die die Klinik bereits seit 30 Jahren kennt, aufgebaut. Viele Patient:innen konnten seither von dieser Behandlungsform profitieren. Und dennoch ist der Begriff „Geriatrie“ und was sich dahinter verbirgt nicht jedem geläufig. Gemeint ist die Altersheilkunde, d.h. die Behandlung älterer und hochaltriger Menschen, die meist unter vielen Erkrankungen leiden (Fachbegriff: Multimorbidität). Bedingt durch den demographischen Wandel und die erfreulich zunehmende Lebenserwartung steigt der Bedarf nach einer maßgeschneiderten Behandlung gerade dieser Patienten. Ähnlich wie Kinder keine kleinen Erwachsenen sind, so sind auch ältere Menschen keine „nur etwas älteren Erwachsenen“. Normale und altersbedingte, aber selbstverständlich gerade auch krankhafte Veränderungen bedingen eine erhöhte Anfälligkeit im Alter. Eine wichtige Aufgabe des Geriaters ist es daher, Patienten vor belastenden und überlastenden Behandlungen zu bewahren. Möglicherweise hat aber bereits eine solche Behandlung oder Operation stattgefunden und war tatsächlich unumgänglich, eine akute Erkrankung aufgetreten, ein Unfall passiert und ein unverzichtbarer Eingriff notwendig. Für die meisten unserer Patient:innen trifft genau dies zu. Der Fokus der Behandlung richtet sich nun aber nach den Wünschen und Zielen aber auch Möglichkeiten der Patient:innen. Ausgehend von den vorhandenen Ressourcen wird im Team ein realistisches Behandlungsziel formuliert. Zu allererst sind die Patient:innen an der Verbesserung ihrer Mobilität interessiert, denn diese ist eine entscheidende Voraussetzung selbständig zu bleiben. Hierauf und auf dem Wiedererlangen von Kompetenz bei Verrichtungen der Alltagsarbeit im häuslichen Umfeld liegt unsere Priorität, dafür gilt es sich einzusetzen.  Unbestritten ist, dass sich die Behandlungsmöglichkeiten für ältere Patient:innen deutlich verbessert haben. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Behandlung von Patient:innen mit hüftnahen Knochenbrüchen (z.B. Schenkelhalsbrüchen). Früher handelte es sich hierbei nicht selten um ein „Todesurteil“, waren die Seniorinnen und Senioren doch für Monate bettlägerig und die Heilungsrate unbefriedigend. Heute wird wie selbstverständlich von einer raschen Genesung ausgegangen. Dies ist trotz der genannten Fortschritte, die wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Unfallchirurgie erzielen, aber auch weiterhin keine Selbstverständlichkeit. Mitarbeit und der unbedingte Wille der Patient:innen gehören dazu, sind die unverzichtbare Basis. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass manche Patient:innen keine oder nur kleine Fortschritte machen oder wir gar Patient:innen verlieren. Auch bei solchen schmerzlichen Verläufen begleiten wir die Betroffenen.

Als Oberarzt kenne ich die hiesige geriatrische Abteilung seit 2013. Das geriatrische Team hat seither auch die schwere Corona-Pandemie gemeistert, zeitweise sogar hauptsächlich Covid-Patient:innen betreut. Mittlerweile hat die Abteilung aber wieder zu alter Bestimmung und Stärke zurückgefunden. Chefärztin Frau Dr. Manus sieht die Abteilung wieder so gut aufgestellt, dass sie selbst ab April 2023 die Leitung der Abteilung an mich übergeben wird. Die Kontinuität der Behandlung ist somit gewährleistet und die über Jahre etablierten und gut funktionierenden Strukturen bleiben erhalten. Der eigentliche „Star“ in der Geriatrie ist ohnehin das Team. In wöchentlichen Teambesprechungen werden die Eindrücke aller beteiligten Berufsgruppen (Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, Psychologie, Sozialdienst, Pflege und ärztlicher Dienst) festgehalten und das weitere Vorgehen gemeinsam besprochen. Die Pflegekräfte sind geschult, die Patient:innen soweit wie nötig zu unterstützen aber auch zu fordern und sanft anzutreiben, denn das Ziel ist die Selbständigkeit der Patient:innen zu fördern und zu erhalten. Die Aufgabe der Ärztinnen und Ärzte ist es, Befunde zusammenzuführen, zu werten und sinnhafte, dem Alter angepasste Medikationen zu etablieren. Manche Patient:innen sind aufgrund einer dementiellen Entwicklung oder Einschränkungen der Sinnesorgane nur noch eingeschränkt in der Lage zu kommunizieren. Hier einen Zugang zu den Betroffenen zu erhalten, kann mitunter schwierig sein. Die Verhaltensbeobachtung im Team muss dann den verbalen Austausch ersetzen. Manchmal ist es aber gar nicht so schwierig, sondern man muss nur zuhören. Es geht nicht nur um eine „sprechende“ Medizin sondern auch eine „zuhörende“ Medizin.  Ein eindrückliches Beispiel aus der täglichen Praxis mag dies verdeutlichen: Vor nicht allzu langer Zeit behandelten wir einen Patienten, der sich aufgrund eines Beinbruches einer Operation hatte unterziehen müssen. In der Visite berichtete mir der Patient, dass er vor vielen Tagen bereits vor der Aufnahme in unserer Klinik nach Einnahme von Medikamenten plötzlich Schmerzen in der Speiseröhre wahrgenommen hatte. Nachdem sich eine spontane Besserung eingestellt hatte und der Patient essen und trinken konnte, hatte man den Beschwerden keine so große Bedeutung beigemessen. Allerdings waren die Beschwerden nie gänzlich verschwunden. Berichtete der Patient dies nur mir - oder war ihm vielleicht nicht zugehört worden? Jedenfalls entschied ich mich sicherheitshalber eine Spiegelung der Speiseröhre vorzunehmen. Und siehe da: in der Speiseröhre hatte sich eine noch nicht aus der Verpackung herausgebrochene Tablette verkeilt. Nur mühevoll gelang es die Tablette zu entfernen und glücklicherweise entstand kein größerer Schaden. Die völlige Beschwerdefreiheit am Folgetag war ein Glücksmoment für den Patienten, aber auch für mich. Zuhören lohnt sich!

Nicht alle Patient:innen müssen jedoch vollstationär behandelt werden. Manche Patient:innen können auch von einer teilstationären Behandlung profitieren. Während die vollstationäre Behandlung in der Regel als Verlegung aus einer anderen Krankenhausabteilung vor Ort oder auch aus Krankenhäusern der Umgebung beginnt, kann die teilstationäre Behandlungsform auch nach Anmeldung durch den Hausarzt durchgeführt werden. Tagsüber in der Klinik zur Behandlung verbringen die Patient:innen die Nacht zuhause.

 

Die Kontaktaufnahme erfolgt über unser Sekretariat mit der Telefonnummer 06182-838401, das von Frau Scheib geführt wird. Darüber hinaus bieten wir auch eine ausführliche Diagnostik bei Demenzverdacht an. Diese Untersuchungen können ebenfalls ambulant in unserer Memory Klinik angeboten werden.

Ich hoffe, dass ich auch in Zukunft meinen Patient:innen gut zuhören werde und wir sie gemeinsam im Team auf ihrem meist beschwerlichen Weg unterstützen können. Dafür stehe ich und setze ich mich ein!

 

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