Pflegenachwuchs in der Verantwortung: Drei Wochen lang leiten Pflegeschüler:innen eine Station

Die Ausbildung zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann dauert in der Regel drei Jahre - während dieser Zeit durchlaufen die Schüler:innen sowohl theoretische als auch praktische Teile. Um das Gelernte noch vor der Abschlussprüfung im realen Alltag umzusetzen, rief man bei Asklepios bereits vor über 20 Jahren das Projekt „Schüler leiten eine Station“ ins Leben. Seither übernehmen die Auszubildenden für etwa drei Wochen eigenverantwortlich die Organisation einer Pflegestation.

Man wächst mit seinen Aufgaben: Drei Wochen lang sind die Pflegeschülerinnen für einen Teil der Station verantwortlich – immer unterstützt von Ausbilderinnen und Stationsmitarbeitenden.

Die 19 Schüler:innen in diesem Jahr sind der erste Kurs, der die umstrukturierte generalistische Pflegeausbildung durchläuft. Zudem absolvierten sie ihren kompletten Unterricht in dem neu eröffneten Ausbildungsstandort Schwalmstadt des Asklepios Bildungszentrum für Gesundheitsfachberufe Nordhessen – die Kursleitung hatte Andrea Großmann.

Für das diesjährige Projekt diente die Station 5 im Asklepios Klinikum Schwalmstadt, dort übernahmen die Azubis einen von drei Fluren und waren somit für 16 Betten zuständig. „Wir haben die Gruppe halbiert, die eine Hälfte für die Früh- und die andere für die Spätschicht“, erklärt Stationsleitung Dorothea Zulauf. Die erfahrene Krankenschwester arbeitet seit 36 Jahren im Ziegenhainer Krankenhaus und ist ausgebildete Praxisanleiterin. Gemeinsam mit weiteren Praxisanleiterinnen, Lehrkräften und je einer Pflegekraft von der Station wurde der Pflegenachwuchs begleitetet. Die eigentliche Organisation oblag jedoch den Schüler:innen, die dazu erst einmal einen Dienstplan erstellen mussten. „Jeden Tag hatte jemand anderes die Schichtleitung“, betont Zulauf die gewollte Selbständigkeit, „die Tagesverantwortlichen mussten ihre Mitschülerinnen einteilen, die entsprechenden Aufträge ausgeben und hatten außerdem das Stationstelefon in der Tasche, das regelmäßig klingelt“, beschreibt sie das umfangreiche Aufgabenspektrum.

Zuerst musste der Dienstplan geprüft werden, Fragen wie „welches Personal steht mir tatsächlich zur Verfügung“, „gibt es Patientenzulauf oder Entlassungen“, „wer übernimmt den Patiententransport“ und „wer verteilt das Mittagessen“ galt es zu klären - viele weitere Rahmenbedingungen mussten die „Stationsleitungen auf Zeit“ ebenfalls auf dem Schirm haben. „Die Schülerinnen sind mit ihren Aufgaben gewachsen“, betont Zulauf das sichtbare Engagement, bei aller Anstrengung seien alle mit Spaß bei der Sache - so wie beispielsweise Mersiha Mujcic und Laura Ostermüller. Die 42-jährige Mersiha hat schon Erfahrung im Pflegebereich, sie ist ausgebildete Krankenpflegehelferin, für ihre Mitschülerin ist es die erste Berufserfahrung. „In den früheren praktischen Ausbildungsabschnitten haben wir immer nur Einzelteile kennengelernt“, blickt Laura zurück, „in diesen drei Wochen müssen wir alles unter einen Hut bringen“, so die 20-Jährige weiter. „Als Stationsleitung haben wir das Ruder in der Hand“, beschreiben die beiden angehenden Pflegefachfrauen die Herausforderung, bislang hätten sie immer nur einzelne Aufträge abgearbeitet. „Das bedarf der Koordination und der Kommunikation“, beschreibt Zulauf die erweiterte Aufgabenstellung, „dazu muss man die Arbeit nun gesamtumfänglich betrachten“, ergänzt Nadine Stephan, Lehrerin und Praxisanleiterin. Zu den praktischen Herausforderungen zählt am Anfang der Einsatz der digitalen Krankenakte, die war im Unterricht bislang nur in der Theorie durchgenommen, mit der entsprechenden Einweisung meistern die Neulinge jedoch auch diese Aufgabe mit Bravour. Ebenso werden bei Schichtübergabe sämtliche relevanten Informationen an die Nachfolger weitergegeben, dazu müssen die Schülerinnen ihren gesamten Verantwortungsbereich im Blick haben. „Das Miteinander wächst von Tag zu Tag und so formt sich ein echtes Team“, beschreibt Lehrerin Stephan die sichtbare Entwicklung, „dabei ziehen die Stärkeren die Schwächeren mit und fördern sie gleichzeitig“, fügt sie hinzu. „Die Zeit hier bringt uns sehr viel“, sagen Mersiha und Laura stellvertretend für ihre Mitschülerinnen, „wir können unter realen Bedingungen sehen, was nach Abschluss unserer Ausbildung auf uns zukommt“. Auch das Ausbilderteam und die Stationsmitarbeitenden sehen das Projekt durchweg im positiven Licht, für die einen ist es ein halbes Jahr vor der Abschlussprüfung ein guter Gradmesser für den Ausbildungsstand und die anderen lernen bereits künftige Kolleg:innen kennen. Am Ende bedanken sich auch die Patient:innen für das Engagement des Pflegenachwuchses, das ist eigentlich das größte Lob und obendrein ein gutes Zeichen dafür, dass die jungen Leute auf dem richtigen Weg sind.

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