Gefäßmedizin: maßgeschneiderte Therapie für die häufigste Krankheit der Welt

Die Arteriosklerose ist wahrscheinlich die häufigste Krankheit der Welt – und die teuerste. Denn als Folge kann es zu Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen der Beine („Raucherbein“, „Schaufensterkrankheit“) kommen. Während sich die Therapieansätze von Gefäßchirurgen, Angiologen und Radiologen früher deutlich unterschieden, werden heute katheterbasierte Verfahren zunehmend von verschiedenen Fachrichtungen angewendet. Dadurch nimmt die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit zu. Im Behandlungsteam kann dann eine individuell auf den Patienten und seine Bedürfnisse zugeschnittene Therapie geplant werden.

„Die Zahl der Gefäßerkrankungen ist alleine von 2005 bis 2012 um fast 30 Prozent gestiegen“, sagt Dr. Peter Dahl, Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Gefäßtherapie des Asklepios Klinikums Schwalmstadt. Die Arteriosklerose dürfte damit nicht nur die häufigste Krankheit überhaupt, sondern auch die mit der größten volkswirtschaftlichen Bedeutung sein. Denn alleine die Herz-Kreislauferkrankungen kosteten laut statistischem Bundesamt beispielsweise 2008 insgesamt 37 Milliarden Euro und umfassten so 15 Prozent aller Gesundheitsausgaben, erläuterte der Gefäßmediziner.

„Außerdem sind Herz-Kreislauferkrankungen mit 40 Prozent Todesursache Nummer eins in Deutschland und werden mittlerweile bei jedem sechsten Patienten im Krankenhaus diagnostiziert“, sagt Dr. Dahl. Er behandelt regelmäßig Patienten mit unterschiedlichen Gefäßkrankheiten. Obwohl viele Faktoren, die eine Arteriosklerose begünstigen, bekannt sind, ist das Entstehen der Erkrankung noch nicht ganz geklärt. So vermutete man früher, dass kleine Verletzungen der Adern zu Reparaturvorgängen und Entzündungsreaktionen führen, wodurch sich Auflagerungen, die so genannten Plaques, bilden. Heute wird angenommen, dass LDL (der „böse“ Cholesterinwert im Blut) von großen Fresszellen aufgenommen wird und so eine Entzündungsreaktion hervorgerufen wird.

In deren Folge wandeln sich die Gewebe der Arterienwand mit Bindegewebe um, sie wird dicker und am Schluss brüchiger. Wenn es an den Engstellen dieser veränderten Blutgefäße zur Gerinnung kommt, droht der Gefäßverschluss. „In den zurückliegenden Jahren hat es viele technische Fortschritte gegeben“, erklärt Dr. Dahl. „Wir können heute längere, verschlossene Strecken per Katheter wieder eröffnen. Und wir machen es immer so minimalinvasiv wie möglich“. Dadurch reduziert sich die Zahl der Narkosen für die Patienten ebenso wie die stationäre Aufenthaltsdauer. Zu einem wesentlichen Fortschritt ist es zusätzlich durch die Einführung von mit Medikamenten beschichteten Ballons und Stents gekommen. Auf diese Weise kann das Risiko einer erneuten Verengung der behandelten Arterien deutlich vermindert werden. Insgesamt werden die Behandlungen immer schonender und basieren sehr oft auf einem Katheterverfahren. Mit Angiologen, Gefäßchirurgen und Radiologen gibt es sogar drei unterschiedliche Fachdisziplinen, die diese Technik anwenden. In täglichen Gefäßkonferenzen diskutieren die Ärzte der verschiedenen Fachrichtungen dabei das beste Vorgehen.

HINTERGRUND

Wie das Arterioskleroserisiko beeinflusst werden kann

Eine Reihe von Risikofaktoren begünstigen das Entstehen einer Arteriosklerose, manche davon lassen sich beeinflussen, einige sogar komplett vermeiden. An einer familiären Neigung, die sich auch an gehäuften Todesfällen infolge von Herzinfarkten und Schlaganfällen zeigt, zunehmendem Alter und dem Geschlecht (Männer sind häufiger betroffen) lässt sich nichts ändern. Ein Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen können zumeist gut behandelt werden. Weitgehend oder ganz in der Hand der Betroffenen liegt der Lebensstil: Adipositas, Bewegungsmangel und Zigarettenrauchen schädigen die Gefäße ebenfalls.

Seite teilen: