Bei einem Schlaganfall keine Zeit vergeuden: Stroke Unit im Asklepios Klinikum Schwalmstadt seit 9 Monaten erfolgreich
Vor rund 9 Monaten hat die neue Stroke Unit am Asklepios Klinikum Schwalmstadt ihre Arbeit aufgenommen. Unter der Leitung von Dr. med. Daniel Strunk kümmert sich die Abteilung seither um die Versorgung von Schlaganfallpatienten. Durch die neue lokale Schlaganfall-Spezialstation ist es im Landkreis seitdem besser möglich, Betroffenen möglichst rasch eine geeignete Therapie anzubieten. „Bei einem Schlaganfall darf keine Zeit vergeudet werden“, betont Dr. Strunk, denn je schneller die Betroffenen behandelt würden, umso geringer seien die Folgeschäden.
Plötzlich auftretende neurologische Symptome dürften niemals auf die leichte Schulter genommen werden, macht der Mediziner deutlich. Zur Erkennung eines Schlaganfalls für den Laien helfe beispielsweise das neue „4-D-Schema“, das den bisher bekannten FAST-Test um vier weitere Punkte ergänzt.
- Dreh- und Schwankschwindel, etwa wie in einem Karussell oder auf hoher See
- Doppelbilder: Ein Gegenstand wird doppelt gesehen, nebeneinander oder schräg versetzt
- Dysmetrie oder Ataxie: Unkontrollierte und überschüssige Bewegungen, Vorbeigreifen
- Defekte im Gesichtsfeld: Eine Hälfte oder ein Quadrant des Gesichtsfeldes fehlt, wie durch Scheuklappen
„Weitere Anzeichen sind Gleichgewichtsstörungen, Schwäche oder Hängen eines Teils des Gesichts. Dabei sind die Betroffenen nicht mehr in der Lage, symmetrisch zu lächeln oder die Augenlider auf beiden Seiten gleich stark zu schließen“, zählt Dr. Strunk auf. Plötzliche Schwäche oder Taubheit in einem Arm, Bein oder einer Körperhälfte seien ebenfalls Alarmsignale, was sich dadurch bemerkbar mache, dass es Schwierigkeiten bereite, beide Arme und/oder Beine gleichzeitig zu heben und auf derselben Höhe zu halten. Zudem seien plötzlich aufgetretene Sprach- oder Sprechstörungen stets verdächtig, mit einem Schlaganfall zusammenzuhängen.
„Wir möchten die Menschen dafür sensibilisieren, einen möglichen Schlaganfall zu erkennen und rasch zu reagieren“, sagt der Spezialist und berichtet von beispielhaften Verläufen der letzten Monate. „Eine 70-jährige Frau wurde vom Rettungsdienst eingeliefert, unmittelbar nachdem ihre Tochter bei ihr eine verwaschene Sprache und ein schiefes Gesicht mit hängendem linken Mundwinkel, vor allem bei breitem Grinsen, bemerkt hatte“, erzählt Dr. Strunk. „Die Computertomographie des Kopfes, einschließlich der blutzuführenden Adern und der Durchblutung (Perfusion) des Hirngewebes, zeigte den Verschluss einer großen Hirnarterie“, beschreibt der Neurologe die zeitnahe Untersuchung im Krankenhaus. „Durch eine sogenannte Lyse-Therapie verdünnten wir im ersten Schritt das Blut der Patientin sehr stark“. Im zweiten Schritt sei der verbleibende kleine Rest des ursächlichen Blutgerinnsels mit Hilfe eines Katheters abgesaugt worden. Nach der Behandlung war sie glücklicherweise beschwerdefrei. „Wir konnten zudem die Ursache des Schlaganfalls ergründen“, berichtet Dr. Strunk weiter: Die Patientin habe ein bisher unbekanntes Vorhofflimmern gehabt, das eine Herzrhythmusstörung mit hohem Schlaganfallrisiko darstellt. „Somit konnte auch die Ursache des Schlaganfalls behandelt werden“, lautet am Ende die positive Bilanz.
Der zweite Fall war ein 75-jähriger Mann, bei dem eine plötzliche Schwäche der gesamten rechten Körperhälfte und schwere Wortfindungsstörungen aufgetreten waren. Fünfundvierzig Minuten nach Auftreten der ersten Symptome befand er sich bereits in der Klinik. „Nach der fokussierten Befragung und Untersuchung in der Notaufnahme, bestätigte die Computertomographie den Verdacht auf einen Schlaganfall – ausgelöst durch einen Blutgefäßverschluss, den wir in den peripheren Abschnitten einer wichtigen Hirnarterie lokalisierten konnten“, beschreibt der behandelnde Arzt die ersten Schritte. „Auch hier haben wir unverzüglich die medikamentöse Auflösung des Blutgerinnsels eingeleitet. Alle Schlaganfallsymptome bildeten sich binnen kurzer Zeit vollständig zurück“, blickt er zufrieden auf die erfolgreiche Therapie zurück. Nach mehrtägiger Behandlung konnte der Patient ohne bleibende neurologische Einschränkungen entlassen werden. „In diesem Fall kam allerdings keine Katheter-behandlung in Betracht, da der Blutgefäßverschluss zu weit vom Zentrum des Gehirns entfernt lag“, erläutert der Facharzt. „Leider gibt es Patienten, die zwar die entsprechenden Symptome wahrnehmen, aber Stunden oder, schlimmstenfalls, bis zum nächsten Morgen abwarten, bevor sie schließlich unsere Notaufnahme aufsuchen“, berichtet Dr. Strunk aus Erfahrung. „Je mehr Zeit verstreicht, desto unwahrscheinlicher ist es, dass eine anschließende Beschwerdefreiheit erreicht werden kann. Daher erinnert Dr. Strunk immer wieder an den Leitsatz: „Time is brain“ – „Zeit ist Hirn“.
Diese Maxime berücksichtigte jüngst die Großmutter einer Mitarbeiterin des Klinikums Schwalmstadt in besonderer Weise: Als sie bereits zu Bett gehen wollte, bemerkte die 86-jährige Frau eine aufgetretene Lähmung der rechten Körperhälfte, die von einer Sekunde zur nächsten aufgetreten war. „Ich habe sofort einen Krankenwagen gerufen“, berichtet sie. Glücklicherweise hatte sie schon viel über das Verhalten bei einem Schlaganfall gelesen und hat deswegen sofort gehandelt.