Premiere in Lindenlohe: Eine schrittweise Beinverlängerung, von außen magnetisch gesteuert
Leitender Oberarzt Dr. Wolfgang Scior und Prof. Dr. Heiko Graichen setzen an der Asklepios Orthopädischen Klinik Lindenlohe innovative Technik ein
SCHWANDORF/LINDENLOHE. Eine Orthopädische Klinik wie Asklepios Lindenlohe ist einerseits ein guter Platz für medizin-technische und chirurgische Innovationen, andererseits ist es gerade beim Endoprothetik-Team um Professor Dr. Heiko Graichen Usus, dass exklusive OP-Methoden und höchstkomplexe neue Verfahren dank der Erfahrung der Mediziner schnell zu Standards werden.
Eine Premiere im OP-Saal ist deshalb auch in Lindenlohe immer etwas Besonderes, was kürzlich u.a. daran sichtbar wurde, dass viele Fachkolleginnen und -kollegen mit großem Interesse zuschauten, als der Leitende Oberarzt Dr. Wolfgang Scior erstmals bei einem Patienten einen speziellen Nagel für die Verlängerung eines Unterschenkels einsetzte. Der Clou dabei: Zum sog. Intramedullären (das heißt im Knochenmark befindlichen), eigens entwickelten Nagel gibt es eine Fernbedienung, die mit neuartiger Magnettechnologie das interne Getriebesystem des Nagels von außen steuert bzw. den Nagel per Knopfdruck präzise verlängert oder verkürzt.
Es ist die erste Anwendung dieses Nagels in der Oberpfalz, der Vorteil für den Patienten liegt laut Dr. Scior vor allem darin, dass nicht mehr wie bei bisherigen Verfahren über Monate hinweg während der Verlängerung mit dem Fixateur Pins und Drähte aus der Haut herausschauen. Dies ist im Alltag sehr störend und hinderlich – und erfordert beim Patienten angesichts der Infektionsgefahr ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit und Sorgfalt bei der Reinigung und Hygiene des Pins.
Eine lange Vorbereitung
Freitag, 13:30 Uhr. Der 38jährige Patient auf dem OP-Tisch hat eine lange Leidensgeschichte hinter sich, die als Kind bei einem schweren Unfall im Ausland ihren Anfang genommen hatte. Dort wurde er auch operiert – geblieben ist danach aber eine komplexe Fehlstellung des rechten Ober- und Unterschenkels mit einer verkürzten Beinlänge von rund zwölf Zentimeter. Vor zwei Jahren übernahmen Prof. Dr. Heiko Graichen und Dr. Wolfgang Scior die Behandlung und korrigierten in mehreren Operationen die Fehlstellung. Dies war die Voraussetzung, um sich nun um die Beinlängenverkürzung zu kümmern, nachdem der Knochen ausgeheilt war.
Bei der über dreistündigen Operation war auch ein Experte des Herstellers der neuartigen Technik vor Ort; im kontinuierlichen Austausch mit Dr. Wolfgang Scior analysierten sie gemeinsam jeden Schritt der OP und die Anforderungen des Nagels an seine Umgebung im Knochenmark des Schienbeins (Tibia). Die Zusammenarbeit begann bereits vor zwei Jahren, als Prof. Dr. Heiko Graichen den Behandlungsplan für den Patienten aufstellte und mit seinem Leitenden Oberarzt sukzessive umsetzte.
Ein besonderer Fokus vor Einsetzen des Nagels lag bei der präoperativen Planung, deren genaue Umsetzung „ein optimales Operationsergebnis erzielt“. Und dennoch war Dr. Sciors umfassende Erfahrung als Operateur gefragt, denn wie präoperativ vermutet, verstellte die Kniescheibe den Zugang zum Kopf der Tibia und ein alternativer Weg musste für den Nagel gefunden werden. Auch das gelang ohne Komplikationen, ebenso wie die gesamte Operation als „sehr erfolgreich“ abgeschlossen werden konnte. In Bruchteilen von Millimetern wird in den kommenden Wochen und Monaten der Nagel „von außen“ in die Länge gezogen – genau so langsam, dass sich neues Knochengewebe bilden kann „und am Ende der Behandlung beide Beine des Patienten gleich lang sind“.