Smarte Technologie gegen Inkontinenz – weltweit erstmals in Lich eingesetzt
Fast jeder kennt sie: „Apps“ auf dem Smartphone, die das Leben einfacher machen. Intuitiv bedienbar, schnell und praktisch. Jetzt halten sie auch Einzug in den Alltag von Ärzten und Patienten – als Teil innovativer Medizintechnik. Wie gut das funktioniert, konnten Chefarzt Priv. Doz. Dr. med. Thilo Schwandner und Oberarzt Frank Garbe der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie in Lich als weltweit Erste im klinischen Einsatz erleben.
Morgens um 9 Uhr in Lich – es wird spannend. Im Vorgespräch mit Marketing- und Entwicklungsmanagern von Medtronic, die speziell für den weltweit ersten Einsatz der App aus den USA eingeflogen sind, wurde das neuartige Gerät kurz vorgestellt, danach ging es direkt in den OP. Medtronic ist ein weltweit operierender Marktführer im Bereich der Medizintechnik und arbeitet bei der Entwicklung und dem Einsatz modernster Geräte mit ausgewiesenen Experten zusammen.
Für den Test in Lich wurde eine Patientin für einen Beckenbodenschrittmacher zur operativen Behandlung ihrer Inkontinenz eingeplant. Das smarte Handgerät spielte dabei eine zentrale Rolle.
Während des kurzen Eingriffs wurde der Patientin eine Elektrode durch eine natürliche Öffnung im Kreuzbein an die Sakralnerven gelegt. Über diese Nerven wird die Funktion von Blase und Darm gesteuert. Um die korrekte Lage der Elektrode zu finden, nutzen die Ärzte die neue „Arzt-App“. Leichte Stromimpulse werden damit über einen externen Schrittmacher an die Nerven abgegeben. Die Reaktion des Körpers zeigt, ob der richtige Nerv beeinflusst wird. Alles läuft über Bluetooth bequem von Außerhalb des Operationsfeldes. Die schnelle Anpassung der Intensität der Stromimpulse freut das ganze Team und die erste Feuerprobe war damit bestanden.
Ein paar Stunden später ist die Patientin wieder ausreichend wach und erholt. Jetzt wird für die Testphase der externe Schrittmacher über ein Verbindungskabel an die Elektroden angeschlossen. Die passwortgeschützte Arzt-App führt den Arzt durch die Programmierung – und prüft direkt, ob alle Anschlüsse und die Elektrode intakt sind. In wenigen Minuten ist eine angenehme Stimulation gefunden, die nach kurzer Zeit von der Patientin nicht mehr wahrgenommen wird. Die Signale zwischen Blase und Gehirn werden nun „moduliert“. „Im besten Fall gehen die Drang- und Inkontinenzsymptome vollständig zurück, eine Symptomreduktion von mindestens 50 % ist für die meisten Patienten jedoch bereits ein deutlicher Gewinn an Lebensqualität“, berichtet PD Dr. med. Schwandner
Der Patientin wird die Bedienung der benutzerfreundlichen App erklärt und sie wird ausreichend zur Wundhygiene geschult, damit auch im häuslichen Umfeld alles gut funktioniert. Nach ca. 2 Wochen ist die Testphase abgeschlossen. Ganz smart kann die Nutzung des Geräts nun mit den Tagebuchergebnissen, die die Patientin täglich vorgenommen hat, vergleichen werden. Die Ergebnisse sind sehr gut und der dauerhafte Beckenbodenschrittmacher wird in einem zweiten kurzen Eingriff implantiert.
Währenddessen wird die Nachricht bereits von Australien bis Canada verbreitet: der erste Einsatz der smarten „App“ in Lich war ein voller Erfolg. Viele warten bereits darauf, das System ebenfalls einsetzen zu können.
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