Hobbykicker leben gefährlich

Fehlendes Aufwärmtraining vermehrt Verletzungsgefahr

Fußball hat Hochkonjunktur: nicht nur bei der WM fiebern die Deutschen fleißig mit. Auch selbst treten sie gern gegens Leder. Doch Fußball zählt nicht nur zu den beliebtesten Sportarten, sondern auch zu den verletzungsreichsten. Viele Beschwerden ließen sich jedoch mit gezieltem Training vermeiden, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Grifka.

Als Direktor der Orthopädischen Klinik für die Universität Regensburg am Asklepios Klinikum Bad Abbach hat er täglich mit Sportverletzungen zu tun. Eine Beobachtung, die er dabei immer wieder macht: „Gerade Hobbykicker wollen oft zu schnell zu viel und halten Aufwärmen für lästige Zeitverschwendung. Das ist eine gefährliche Kombination. Nur gut durchblutete und gedehnte Muskeln sind richtig auf die Belastungen eines Spiels vorbereitet.“ Studien würden zudem belegen, dass sich unaufgewärmt die Verletzungsgefahr an Knien und Sprunggelenk, Körperpartien die gerade beim Fußball besonders belastet sind, verdopple. „Auch waren die Verletzungen schwerer als mit warmen Muskeln“, berichtet Prof. Grifka.
 
Aber nicht nur dass, sondern auch wie man sich fit macht, spielt eine Rolle. „Einige Patienten berichten, sie hätten sich aufgewärmt. Frage ich genauer nach, stellt sich heraus, sie sind ein paar Mal hin- und hergelaufen. Das hat mit Aufwärmen nur wenig zu tun“, so der Chefarzt. Hier dürfe man sich ruhig ein Beispiel an den Profis nehmen. „Für die Spieler bei der WM gehört ein umfangreiches Warm-up einfach dazu, das sollten sich auch Amateure zu Herzen nehmen.“ Besonders empfiehlt Prof. Grifka Sprungübungen, Trippelschritte, Richtungswechsel und Koordinationsübungen sowie kurze Sprints, wie man sie auch bei Müller, Podolski und Co. beobachten kann. Beliebt sei beispielsweise der Slalomparcours, bei dem die Spieler mit dem Ball am Fuß um die Hindernisse laufen und mit jedem Durchgang das Tempo steigern. Auch das Quadrat, bestehend aus Hütchen, kennen viele: hier gibt es an jeder Seite eine andere Aufgabe zu bewältigen. Mal wird der Ball mit links um die Hütchen gelenkt, mal mit rechts und manchmal gilt es einfach nur, die Strecke möglichst schnell zu durchlaufen. Überanstrengen sollten sich die Hobbysportler dabei aber nicht. „20 Minuten reichen“, so Prof. Grifka. Weitere Anregungen könnten sich Trainier wie Hobbykicker auch bei der FIFA holen, die mit „11+“ ein Aufwärmprogramm zur Verfügung stellt, das speziell zur Verletzungsprävention entwickelt wurde.
 

Wenn´s trotzdem zwickt: die PECH-Regel
 
Wer sich gut aufwärmt, steigert nicht nur die eigene Koordinationsfähigkeit, sondern auch die Durchblutung und Dehnfähigkeit der Muskeln, verbessert die Sauerstoffaufnahme und macht die Gelenke geschmeidiger. Das alles hilft dabei, sich vor Verletzungen zu schützen. Aber selbst nach dem besten Aufwärmprogramm gilt: Eine Garantie für ein verletzungsfreies Spiel gibt es nicht. Dennoch können auch Hobbykicker einiges dafür tun, um schnell wieder auf den Beinen zu sein. „Gerade bei Sportverletzung ist eine kompetente Erstversorgung entscheidend für den Heilungsprozess“, sagt Prof. Grifka. Dazu können auch die Sportler selbst eine ganze Menge beitragen. Jeder sollte deshalb die „PECH-Regel“ kennen. Die Buchstaben stehen für Pause, Eis, Compression und Hochlagern. Das heißt in der Praxis: die betroffene Stelle schnellstmöglich ruhigstellen und kühlen. Auch Hochlagern des Beins hilft, Schwellungen und Einblutungen zu reduzieren. Danach solle es möglichst schnell zu einem Arzt gehen. „Viele warten bis Montag, wenn sie sich am Wochenende verletzt haben. Damit verlieren sie aber wichtige Zeit, um den Heilungsprozess zu unterstützen.“
Am Asklepios Klinikum Bad Abbach stehen für solche Fälle rund um die Uhr erfahrene Ärzte und ein spezieller Notfallraum bereit. Es können Verletzte jeden Alters mit Knochenbrüchen, Gelenk- oder Rückenverletzungen rund um die Uhr optimal behandelt werden. Das ist besonders wichtig, weil sich viele Unfälle – gerade beim Sport – nach der Arbeitszeit oder am Wochenende ereignen. Neben dem Team der Notfallambulanz, das ständig vor Ort ist, sind zudem Ärzte in Rufbereitschaft. Innerhalb kürzester Zeit ist ein Team aus Anästhesisten, Orthopäden, Unfallchirurgen und Pflegepersonal zur Stelle, das auch komplizierte Operationen ohne Zeitverlust durchführen kann.  
 
Zusatzinfo: Diese Körperteile sind beim Fußball besonders gefährdet
 
Sprunggelenk
Am häufigsten verletzen sich Fußballer das Sprunggelenk. Besonders anfällig: die Bänder. Unebenheiten auf dem Spielfeld oder eine ungeschickte Landung auf dem Fuß eines Mitspielers fordern sie oft bis aufs Äußerste. Knickt die Fußsohle dann nach innen weg, werden die Außenbänder am Sprunggelenk stark überdehnt oder reißen im schlimmsten Fall. Ob das Band nur gedehnt oder gerissen ist, lässt sich für den Laien kaum erkennen. „Die Symptome sind ähnlich. Der Knöchel schmerzt und der Fuß schwillt an“, erklärt Prof. Grifka. Auch die Stärke des Schmerzes lasse keine Rückschlüsse über die Art der Verletzung zu. Es kann durchaus sein, dass ein Riss weniger schmerzt als eine Bänderdehnung. Der Fachmann erkennt mit Tests, wie stabil das Gelenk ist und damit auch, ob und wie schwer die Bänder geschädigt sind. In den meisten Fällen reicht selbst bei einem Riss die Behandlung mit einer Bandage oder Schiene. Die Bänder können dann wieder zusammenwachsen. Erst wenn der Betroffene immer wieder umknickt, sollte über eine operative Stabilisierung nachgedacht werden.
 
Knie

Das Knie gehört wie das Sprunggelenk zu den verletzungsanfälligeren Gelenken bei Fußballern. Treten hier Probleme auf, kann es oft langwierig werden. Dies gilt besonders, wenn das vordere Kreuzband betroffen ist. Es stabilisiert das Kniegelenk und verhindert, dass sich der Oberschenkel übermäßig nach vorne oder hinten bewegt. Wird das Knie zu weit gedehnt, gebeugt oder verdreht wie es bei einem Tritt, abruptem Richtungswechsel oder plötzlichem Abbremsen der Fall ist, wird das vordere Kreuzband stark belastet und kann reißen. Hinweise dafür sind ein knallendes Geräusch, starke Schmerzen und Schwellungen sowie die mangelnde Fähigkeit, sein Knie vollständig zu strecken oder zu belasten. „Bei einem Riss des vorderen Kreuzbandes muss meist operiert werden, da das Gelenk sonst instabil bleiben kann und die Gefahr einer späteren Arthrose deutlich steigt“, so Prof. Grifka. Allerdings kann die Operation in den meisten Fällen minimal-invasiv, das heißt nur mit kleinen Schnitten, durchgeführt werden. Muskeln und Gewebe werden dabei geschont. Danach fällt der Kick mit den Kameraden aber für einige Monate aus. „Mit einem halben Jahr Ball-Pause, muss der Betroffene leider rechnen“, erklärt der Orthopäde und Unfallchirurg. Am Anfang sei nur Physiotherapie und Muskelaufbau angesagt, nach drei Monaten kann mit leichtem Lauftraining und Radfahren begonnen werden.
 
Oberschenkelmuskulatur
Eine Zerrung im Oberschenkel war schuld, dass Lukas Podolski am Montag gegen Algerien auf der Bank Platz nehmen musste. Sie kann aber nicht nur Profis treffen, sondern auch Amateure. „Verletzungen der Oberschenkelmuskulatur kommen beim Fußball relativ häufig vor“, erklärt Prof. Grifka. Oft ohne Gegnerkontakt. Häufigste Auslöser sind Sprints oder schnelle Bewegungen. Schmerzt die Rückseite des Oberschenkels plötzlich, ist er angeschwollen oder verhärtet, deutet dies auf eine Zerrung hin. Es treten Probleme beim Laufen auf. Die Therapie beginnt möglichst bereits am Platz mit der Versorgung nach der PECH-Regel, im weiteren Verlauf werden die Symptome mit Schmerzmitteln, einer Ruhephase und Krankengymnastik behandelt.
 
Schulter
Prellungen und Zerrungen der Schulter sind auch beim Fußball relativ häufig. Sie entstehen durch Stürze auf dem Feld oder Zusammenstöße mit dem Gegner. Es kann auch zum Ausrenken der Schulter kommen. Sprengungen des Schultereckgelenks treffen häufig den Torwart, wenn er beim Hechtsprung nach dem Ball auf den harten Boden stürzt. Die Bänder werden überlastet und reißen im schlimmsten Fall. Dadurch kann das Schlüsselbein an einem Ende unnatürlich hervortreten. Eine genaue Diagnose lässt sich mit einer Röntgenaufnahme sowie Ultraschall stellen. Die Behandlung besteht in leichteren Fällen aus einer Ruhigstellung der Schulter sowie anschließender Krankengymnastik. „Sind die Bänder jedoch komplett gerissen, sollten die Betroffenen mit ihrem Arzt über die Notwendigkeit einer Operation sprechen“, rät Prof. Grifka.
 
Kopf
Dass auch der Kopf beim Fußball in Mitleidenschaft gezogen werden kann, ist den Deutschen spätestens nach Müllers Cut am Auge klar. Doch während dieser Zusammenstoß mit dem Gegner noch halbwegs glimpflich ablief, kann es auch ganz anders aussehen: „Immer wieder kommt es auch zu Gehirnerschütterungen und mit denen ist nicht zu spaßen“, erklärt der Chefarzt. „Sobald auch nur der kleinste Verdacht besteht, sollte der Spieler vom Platz.“ Warnzeichen sind Übelkeit, Kopfschmerzen, Verwirrtheit und Erbrechen. Das muss näher untersucht werden. Der Betroffene muss nicht zwangsläufig auch bewusstlos gewesen sein, wie die landläufige Meinung häufig ist. Große Gegenmaßnahmen müssen meist nicht ergriffen werden. Nach wenigen Tagen, höchstens Wochen kann langsam wieder mit dem Sport begonnen werden. In der Zwischenzeit ist nur eines wichtig: absolute Ruhe!

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