Gefäßmedizin: maßgeschneiderte Therapie für die

· Behandlung erfolgt immer früher – und individueller
· Heute werden auch langstreckige Gefäßverschlüsse behandelt
· Angiologen, Gefäßchirurgen und Radiologen behandeln schonend per
Katheter

Die Arteriosklerose ist wahrscheinlich die häufigste Krankheit der Welt, erklärte Gefäßchirurg Dr. Martin Lainka, Chefarzt der Asklepios Klinik Nord heute in einem Pressegespräch in Hamburg. Die Gefäßerkrankung ist damit auch die ökonomisch bedeutsamste Gesundheitsstörung, denn als Folge kann es zu Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen der Beine („Raucherbein“, „Schaufensterkrankheit“) kommen. Privatdozent Dr. Hans Krankenberg, Chefarzt der Angiologie des Asklepios Klinikums Harburg, stellte einige der immer ausgefeilteren Behandlungstechniken vor. So lassen sich auch langstreckig verschlossene Gefäße wieder öffnen, um die Durchblutung zu verbessern. Auch setzen die Gefäßmediziner den Katheter gegen die Stromrichtung und manchmal aus beiden Richtungen ein, um die Schlagader wieder durchlässig zu machen. Während sich die Therapieansätze von Gefäßchirurgen, Angiologen und Radiologen früher deutlich unterschieden, werden heute katheterbasierte Verfahren zunehmend von verschiedenen Fachrichtungen durchgeführt. Dadurch nimmt die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit zu. Im Behandlungsteam könne dann eine individuell auf den Patienten und seine Bedürfnisse zugeschnittene Therapie geplant werden, sagte Dr. Lainka.

 

„Die Zahl der Gefäßerkrankungen ist alleine von 2005 bis 2012 um fast 30 Prozent gestiegen“, betont Dr. Martin Lainka, der in der Asklepios Klinik Nord (Hamburg) eine neue Abteilung für Gefäßchirurgie aufbaut. Die Arteriosklerose dürfte damit nicht nur die häufigste Krankheit überhaupt, sondern auch die mit der größten volkswirtschaftlichen Bedeutung sein. Denn alleine die Herz-Kreislauferkrankungen kosteten laut statistischem Bundesamt beispielsweise 2008 insgesamt 37 Milliarden Euro und umfassten so 15 Prozent aller Gesundheitsausgaben, erläuterte der Gefäßmediziner. „Außerdem sind Herz-Kreislauferkrankungen mit 40 Prozent Todesursache Nummer eins in Deutschland und werden mittlerweile bei jedem sechsten Patienten im Krankenhaus diagnostiziert“, so Dr. Lainka. Obwohl viele Faktoren, die eine Arteriosklerose begünstigen, bekannt sind, ist das Entstehen der Erkrankung noch nicht ganz geklärt. So vermutete man früher, dass kleine Verletzungen der Adern zu Reparaturvorgängen und Entzündungsreaktionen führen, wodurch sich Auflagerungen, die so genannten Plaques, bilden. Heute wird angenommen, dass LDL (der „böse“ Cholesterinwert im Blut) von großen Fresszellen aufgenommen wird und so eine Entzündungsreaktion hervorgerufen wird. In deren Folge wandeln sich die Gewebe der Arterienwand mit Bindegewebe um, sie wird dicker und schließlich auch brüchiger. Wenn es an den Engstellen dieser veränderten Blutgefäße zur Gerinnung kommt, droht der gefährliche Gefäßverschluss.

„In den letzten Jahren hat es viele technische Fortschritte gegeben“, erklärte Privatdozent Dr. Hans Krankenberg, seit Anfang des Jahres neuer Chefarzt der Angiologie im Asklepios Klinikum Harburg. „Wir können heute längere, verschlossene Strecken per Katheter wieder eröffnen. Weiterhin besteht bei chronischen Gefäßverschlüssen, die über einen klassischen Eingriff (von oben nach unten) nicht wieder eröffnet werden können, die Möglichkeit über ein Vorgehen gegen die Strömungsrichtung des Blutstromes, also von unten nach oben, d. h. vom Fuß oder Unterschenkel, die Schlagadern wieder zu eröffnen. Zu einem wesentlichen Fortschritt ist es zusätzlich durch die Einführung von mit Medikamenten beschichteten Ballons und Stents gekommen. Auf diese Weise kann das Risiko einer erneuten Verengung der behandelten Arterien deutlich reduziert werden. Hier liegt auch ein Schwerpunkt in der Forschung, die am Asklepios Klinikum Harburg betrieben wird. Gerade bei der arteriellen Verschlusskrankheit der Beine, im Volksmund auch Raucherbein oder Schaufensterkrankheit genannt, habe man die Patienten früher gerne erst mal wieder nach Hause geschickt und erst dann behandelt, wenn die Beschwerden schlimmer wurden, so Dr. Krankenberg. Heute behandelt sie der Angiologe deutlich früher. Das Ziel ist dabei, die Patienten so weit und so lange wie es geht mobil zu halten. Insgesamt werden die Behandlungen immer schonender und basieren sehr oft auf einem Katheterverfahren. Mit Angiologen, Gefäßchirurgen und Radiologen gibt es sogar drei unterschiedliche Fachdisziplinen, die diese Technik anwenden. Voraussetzung ist dabei in jeder Klinik, dass ein gefäßchirurgisches Operationsteam bereit steht, um bei Komplikationen sofort übernehmen zu können. In Gefäßkonferenzen diskutieren die Ärzte der verschiedenen Fachrichtungen dabei das beste Vorgehen.

Wie das Arterioskleroserisiko beeinflusst werden kann

Eine Reihe von Risikofaktoren begünstigen das Entstehen einer Arteriosklerose. Manche davon lassen sich beeinflussen, einige sogar komplett vermeiden. An einer familiären Neigung, die sich auch an gehäuften Todesfällen infolge von Herzinfarkten und Schlaganfällen zeigt, oder an dem zunehmendem Alter und dem Geschlecht (Männer sind häufiger betroffen) lässt sich nichts ändern. Ein Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen können zumeist gut behandelt werden. Weitgehend oder ganz in der Hand der Betroffenen liegt der Lebensstil: Adipositas, Bewegungsmangel und Zigarettenrauchen schädigen die Gefäße ebenfalls.

 

Video-Interviews zum Thema Gefäßmedizin:

Prof. Dr. Sigrid Nikol, Chefärztin der Angiologie der Asklepios Klinik St. Georg, über die

Schaufensterkrankheit: https://www.youtube.com/watch?v=gcaShT19QUk

Prof. Dr. Thomas Koeppel, Chefarzt der Gefäßchirurgie der Asklepios Kliniken St. Georg und

Wandsbek, über das Aortenaneurysma: https://www.youtube.com/watch?v=CK4P5gBAYZY

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