Pflegeheim Weserblick schließt wegen Fachkräftemangel

• Bewohner werden in umliegende Pflegeeinrichtungen umziehen
• Verbleibende Mitarbeiter wechseln zur Weserbergland-Klinik

Das Pflegeheim Weserblick wird Ende August geschlossen. Seit Jahren mangelt es dem Haus, wie der überwiegenden Mehrzahl vergleichbarer Einrichtungen in Deutschland auch, an qualifizierten Fachkräften in der Pflege. Die Belegungszahlen sind aus diesem Grund seit vielen Jahren bereits rückläufig. Derzeit sind mit 31 Bewohnern weniger als die Hälfte der 67 Betten des Pflegeheims Weserblick belegt. „Wir haben keine Chance, wir müssen schließen!“, sagt Rüdiger Pfeifer, Geschäftsführer der Pflegeheim Weserblick GmbH, „Wir bekommen einfach keine Pflegefachkräfte. Der Markt ist leergefegt!“. Auch andere Anbieter im Landkreis berichten, dass sie vor ähnlichen Herausforderungen stehen. „Wir sind nun an einen Punkt gekommen, an dem wir im Einklang mit dem Landrat und der kommunalen Heimaufsicht entschieden haben, den Betrieb der Einrichtung einzustellen, bevor wir die pflegerische Versorgung nach unseren eigenen hohen Ansprüchen und denen des Gesetzes nicht mehr sicherstellen können“, so Pfeifer weiter. Gemeinsam mit der Heimaufsicht werden für alle Bewohner in umliegenden Einrichtungen neue, langfristige Quartiere gesucht. „Kein Bewohner des Hauses wird vor die Tür gesetzt. Den Betrieb des Pflegeheims werden wir bis zum letzten Tag im August uneingeschränkt fortführen. Wir werden mit allen rund 20 Mitarbeitern des Hauses zeitnah Gespräche führen und Wege suchen, sie anschließend in der Weserbergland-Klinik weiter zu beschäftigen“, sagt Pfeifer.

„Die Entscheidung, das Haus zu schließen, fällt uns alles andere als leicht. Noch im Jahr 2015 haben wir 2,3 Millionen Euro in die Einrichtung investiert, die Bettenkapazität ausgeweitet und einen Anbau von fünf Einheiten für betreutes Wohnen errichtet. Schlussendlich sind wir nun aber zum Opfer des anhaltenden Pflegekräftemangels geworden“, so Pfeifer. Bundesweit zeichne sich seit Jahren ab, dass viel zu wenige Pflegefachkräfte zur Verfügung stehen, um den zunehmenden Bedarf zu decken. Zwar sind die Ausbildungsraten wieder gestiegen, da jedoch auch die Anzahl der Pflegebedürftigen steigt, fehlen nach dem deutschen Pflegerat mehr als 100.000 Fachkräfte alleine in Westdeutschland. „Unter den Rahmenbedingungen in Deutschland ist es nicht möglich, kleine Pflegeheime kostendeckend zu betreiben und das für die Qualität notwendige Personal zu akquirieren“, so Pfeifer.

Enttäuscht ist man im Pflegeheim Weserblick auch von den Versprechungen, die seitens der großen Koalition auf Bundesebene gemacht wurden, die Pflege zu stärken und mehr Pflegekräfte ins System zu bringen. „Viele medienwirksame Versprechen werden gegeben, in der Realität ändert sich jedoch gar nichts. In Deutschland liegt kein System vor, anhand dessen der tatsächliche Personalbedarf eines Heimes erfasst und refinanziert wird. Pflegeheime verhandeln ein Pflegebudget und einen Stellenschlüssel mit den Pflegekassen, der sich an den Pflegegraden orientiert. Studien wie z. B. der Pflegereport der Bertelsmann Stiftung zeigen, dass dieser Stellenschlüssel sowohl von den Pflegekräften als auch von den Pflegebedürftigen als deutlich zu knapp und nicht auskömmlich empfunden wird. Der Beruf ist durch diese Einschränkungen so unattraktiv geworden, dass immer mehr Fachkräfte frustriert aus dem Beruf aussteigen“, so Pfeifer. Die Verweildauer im Beruf liegt laut Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe bei 8,4 Jahren. „Selbst im Ausland ist man auf den knappen refinanzierten Personalschlüssel in deutschen Krankenhäusern und Altenheimen aufmerksam geworden. Die europäische Union vermutet Menschenrechtsverletzungen“, so Pfeifer weiter. Im internationalen Verglich haben wir mit die höchsten gesetzlichen Anforderungen, bei einem deutlich grenzwertigen Personalschlüssel. Die Politik muss endlich steuern!“

Vor diesem Hintergrund helfe es auch wenig, dass das Bundeskabinett aktuell ein Gesetz für höhere Löhne in der Alten- und Krankenpflege auf den Weg bringe, um so die Attraktivität für den Beruf zu steigern. „Abgesehen davon, dass diese Maßnahmen für uns zu spät kommen, ist die Frage, in welcher Form die Kostenträger dieses Gesetz mittragen, vollkommen ungeklärt. Nach unserer Überzeugung wird der Vorstoß der Bundesregierung, mit dem die Tarifautonomie in der Pflege ausgehebelt wird, ins Leere laufen. Wir haben bereits versucht, die Attraktivität unserer Stellen durch eine deutlich überdurchschnittliche Vergütung, die auch über der liegt, die aktuell im Bundeskabinett in Rede steht, zu steigern. Aber auch das hat keinen nachhaltigen Effekt ausgelöst“, so Pfeifer. „So lange die Arbeitsbelastung durch die eng bemessenen Stellenschlüssel so hoch bleibt, ist der Beruf zu unattraktiv, um genügend Menschen dafür zu begeistern“, kritisiert Pfeifer.

Die akuten Personallücken wurden im Pflegeheim Weserblick immer wieder durch den Einsatz von Leiharbeitern geschlossen. Deren Kosten liegen deutlich über denen festangestellter Fachkräfte und erhöhen aufgrund der starren Refinanzierung immer mehr den Druck auf die Betreiber der Pflegeheime. „In Deutschland machen sich sogenannte Personalserviceagenturen für Leiharbeit in der Pflege breit, obwohl dies ein Mangelberuf ist. Sie ziehen den Betreibern der Einrichtungen das Personal ab, um es ihnen anschließend zu höheren Konditionen wieder anzubieten. Sie können ihren Pflegekräften höhere Löhne bieten, da sie auch von den Heimen ein Mehrfaches des refinanzierten Stundensatzes verlangen. Langfristig löst das jedoch eine Abwärtsspirale aus, da immer mehr Häuser aus wirtschaftlichen und damit einhergehenden qualitativen Gründen schließen müssen“, so Pfeifer. „Der Bundesregierung sind die Probleme der Pflegeheimbetreiber bewusst. Schon mehrfach wurde von unterschiedlichster Seite gefordert, die Leiharbeit für Pflegekräfte zu verbieten beziehungsweise zu regulieren“, so Pfeifer weiter.

Die ohnedies schweren Rahmenbedingungen zur Anwerbung von examinierten Pflegefachkräften erfahren eine zusätzliche Verschärfung durch die gesetzlich vorgeschriebenen Personaluntergrenzen (PPUG, § 137i, Abs. 4 SGB V) in den Akutkrankenhäusern. Diese sind gesetzlich verpflichtet, Fachkräfte in einer vorgeschriebenen Mindestanzahl vorzuhalten. Ansonsten drohen Sanktionen. Allerdings werden diese Fachkräfte durch den Willen des Gesetzgebers von den Krankenversicherungen gegenfinanziert. Das ist weder in der Altenhilfe noch in der medizinischen Rehabilitation so vorgesehen und auch nicht geregelt. Damit werden die Akutkrankenhäuser für Pflegeheime zu noch schärferen Konkurrenten im ohnehin stark umkämpften Pflegekräftemarkt.

„Resigniert und schweren Herzens werden wir den Betrieb in wenigen Wochen einstellen. Ich bedauere das sehr und alle die für das Pflegeheim Weserblick Verantwortung tragen, hätten sich das anders gewünscht. Unsere vornehmliche Aufgabe in den kommenden Wochen wird es nun sein, für unsere Bewohner ein neues Zuhause zu finden und den Wechsel unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an die Weserbergland-Klinik zu organisieren. Niemand hat Anlass, sich Sorgen zu machen. Wir werden uns um jeden Einzelnen mit großer Verantwortung kümmern und sind uns im Hinblick auf unsere Bewohner der Unterstützung durch die Heimaufsicht und den Landrat gewiss“, sagt Rüdiger Pfeifer, Geschäftsführer der Pflegeheim Weserblick GmbH.

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