Seelische Gesundheit: Neue Psychotherapien gegen Volkskrankheit Depressionen

•Psychotherapie bei Depressionen immer differenzierter je nach Form der
Erkrankung
•Achtsamkeitstraining schützt vor Wiederauftreten von Depressionen und Burnout


Depressionen sind eine Volkskrankheit und gemäß WHO die Krankheit, welche den höchsten Verlust an Lebensqualitätsjahren verursacht. Die größten Fortschritte wurden in den letzten Jahren bei den Psychotherapien gemacht. Sie können heute maßgeschneidert für die jeweilige Form der Depression angeboten werden und sind neben Medikamenten die zweite Säule der Behandlung.

Dr.med.Goetz Broszeit Chefarzt der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie / Schmerztherapie

„Die Zahl der sogenannten psychischen Erkrankungen oder derer die z.B. an depressiven Beschwerden leiden nimmt nicht zu, sie sind seit vielen Jahren stabil“, sagen Dr. Goetz Broszeit, Chefarzt der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie / Schmerztherapie und Dr. Ulf Künstler, Cherarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Asklepios Westklinikum Hamburg. „Derzeit geht man davon aus, dass ca. 20 Prozent der Bevölkerung einmal im Leben unter relevanten depressiven Beschwerden leiden wird. Ausprägung, Dauer und Verlauf zeigen sich dabei aber sehr unterschiedlich.“ Dass die Verbreitung der Erkrankung in der öffentlichen Wahrnehmung scheinbar ansteigt und zum Teil als Epidemie gefürchtet wird, führt Dr. Broszeit darauf zurück, dass wir uns heute viel mehr mit uns selbst und unserem psychischen Befinden auseinandersetzen, genauer hinschauen. Der alte erzieherische Geist, dass Härte, Zähigkeit und Durchhaltevermögen zu den wesentlichen Tugenden gehören, ist vertrieben. Die wachsende Toleranz für Abweichungen und Schwächen zeigt sich auch positiv in der langsam abnehmenden Stigmatisierung psychischer Erkrankungen. Depressiv Erkrankte treffen heute auf mehr Verständnis als noch vor zehn Jahren. Daran haben auch die medienwirksamen erweiterten Suizide und Amokläufe der letzten Jahre nichts geändert.

Im Westklinikum gibt es die Möglichkeit sowohl Verhaltenstherapeutisch als auch Tiefenpsychologisch zu therapieren

Dr. Ulf Künsteler-Chefarzt Psychiatrie
Dr.med.Ulf Künstler Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie und stellv. Ärztl. Direktor

Während die Wirksamkeit der sog. antidepressiven Medikamente immer mehr in Frage steht, ist die Bedeutung der Psychotherapien laut Dr. Künstler auch für die Behandlung der Depression immer mehr in den Vordergrund getreten. Es zeigt sich eine hohe Evidenz für psychotherpeutische Verfahren, wobei wir hier im Westklinikum die besondere Situation haben. dass sowohl verschiedene verhaltenstherapeutische, als auch tiefenpsychologische Methoden angeboten werden.

Die beiden Chefärzte plädieren für mehr Aufmerksamkeit für andere. „Wenn Veränderungen der Stimmung, von Energie und Antrieb und der Fähigkeit sich zu freuen und Interesse zu empfinden konstant länger als zwei bis vier Wochen anhalten, dann sollte man den Hausarzt konsultieren.“

 

 

 

 

Denn es werden mittlerweile unterschiedliche Verfahren angewandt, je nachdem ob sich z.B. um eine akute oder chronische Depression handelt oder ob hier ein Erschöpfungsprozess oder psychische Traumata vorausgegangen sind. Eine wesentliche Aufgabe der Ärzte ist es heute zusammen mit dem Patienten die optimale Behandlungsform zu finden, eine Standardlösung gibt es nicht. Die Aufforderung, sich zusammenzureißen, helfe aber gar nicht, so Dr. Broszeit und Dr. Künstler. „Das würden die Betroffenen gerne tun, können es aber nicht.“

 

Haben Manager ein Burnout und Putzfrauen eine Depression?

Burnout ist nach einhelliger Meinung von Experten keine eigenständige Diagnose, sondern die Beschreibung eines Erschöpfungszustands, der Teil einer Depression sein kann oder in diese münden kann. „Burnout ist ein unklarer Begriff, seine Beliebtheit ist seiner gesellschaftlichen Anerkennung geschuldet, beinhaltet er doch die Aussage, dass man sich vor der Erschöpfung verausgabt und alles gegeben hat – ein weit verbreiteter Anspruch in unserer Leistungsgesellschaft. Im Gegensatz zur Depression haftet dem Burnout nicht so sehr der gesellschaftliche Makel des Scheiterns an,“ sagt Dr. Broszeit, „vielen Menschen hat das bereits seit ewigen Zeiten bekannte Erschöpfungssyndrom oder Burnout den Zugang zu einer Therapie und Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenssituation erleichtert.“  So ist zu verstehen, dass Menschen mit einem eher ehrgeizigen beruflichen Hintergrund diese Diagnose für sich besser annehmen konnten und sie so unter z.B. Managern, Ärzten, Journalisten und Lehrern verbreiteter ist. Allerdings macht die Erschöpfung wie auch das depressive Syndrom als „conditio humana“, als somit tief menschliches Phänomen vor keiner Berufsgruppe Halt – eine andauernde Wirkungs- und Bedeutungslosigkeit in den beruflichen Prozessen und im Alltag sind hier wesentliche Auslöser und verweisen auf die gewachsene Bedeutung von Achtsamkeit und der Bedeutung sozialer Aktivitäten und der Vielseitigkeit des Berufs- und Alltagslebens.

 

 

 

 

 

 

 

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