Seit 25 Jahren selbstständige urologische Abteilung

Bad Wildungen. An einigen Stellen im Stadtgebiet erinnern Straßennahmen an bekannte Urologen, deren Wirken zur Berühmtheit und Anerkennung Bad Wildungens als internationales Heilbad beitrug. „Die Stadtklinik und Reha-Einrichtungen sind noch immer von zentraler Bedeutung für die Urologie“, sagt Dr. Michael Gäck, ehemaliger Chefarzt der urologischen Abteilung des damaligen Stadtkrankenhauses und der heutigen Stadtklinik.

Erinnerungen: Der ehemalige Chefarzt, Dr. Michael Gäck, blickt zurück auf die Anfänge der Urologie als selbstständige Hauptabteilung des Stadtkrankenhauses. (Foto: Klein)

2007 wechselte der Facharzt Dr. Michael Gäck in den Ruhestand, heute blickt er zurück auf das Jahr 1990: „Damals wurde die Urologie als eine der letzten Abteilungen in Deutschland unter dem Dach der Chirurgie mitbetrieben. Das Jahr 1990 - also vor 25 Jahren - bedeutete einen Wendepunkt, denn ab da wurde die Urologie als selbstständige Hauptabteilung des Stadtkrankenhauses betrieben.“

Als Förderer einer eigenständigen urologischen Abteilung erwies sich der Urologe und Chirurg Dr. Dieter Steffens-Krebs. Er übernahm 1967 die Chefarztleitung und wechselte 1990 als ärztlicher Direktor in den Ruhestand. Seine Nachfolge trat Dr. Alois Schnaubelt als ärztlicher Leiter an. Nach dem Ausscheiden von Dr. Dieter Steffens-Krebs wurde die Klinik organisatorisch in die Fachbereiche Chirurgie (damaliger Chefarzt Dr. Maximilian Rommelfanger), Gefäßchirurgie (damaliger Chefarzt Dr. Joseph Mahfoud) und Urologie aufgeteilt.

„Mein ehemaliger Chef Dr. Steffens-Krebs kümmerte sich sehr eingehend um eine moderne Urologie und um die Weiterbildung seiner Mitarbeiter. Er ließ ihnen auch Freiheiten, neues von außen heranzubringen. Dadurch verbesserten sich zwangsläufig die moderne Diagnostik und die Behandlungsmethoden“, erinnert sich Dr. Michael Gäck, der ab 1975 bis 2007 mit einer Unterbrechung im Stadtkrankenhaus und der heutigen Asklepios-Stadtklinik tätig war. Damals, während der Amtszeit von Bürgermeister Dr. Albrecht Lückhoff, sei neben der fachlichen Qualifikation der Abteilung auch der Fortbestand der Urologie in Bad Wildungen nicht vergessen worden. Auch nicht vor dem Hintergrund, dass zwei Urologien in der Stadt existierten. Eine im Stadtkrankenhaus, die andere im benachbarten St. Liborius Krankenhaus. Dr. Michael Gäck und sein Ärzte- sowie Stationsteam erlebten den schnellen medizinischen Fortschritt hautnah mit, Neuerungen weckten immer wieder ihr Interesse. „Es kam fast einem Quantensprung gleich, als Anfang der 1980er Jahre die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie zur Behandlung von kleineren Nierensteinen und später auch von Harnsteinen eingeführt wurde. Bei diesem Verfahren werden Steine mittels fokussierter Schallwellen von außen berührungsfrei zerstört“, erläutert der Urologe.

Eine weitere Erleichterung für Patienten habe die zuvor eingeführte Ultraschalldiagnostik bedeutet. „Bis Anfang der 1970er Jahre wurden unklare Harnblasenfüllzustände noch durch die unangenehme Katheterisierung der Harnblase bestimmt.“ Frühzeitig setzen die Urologen um Chefarzt Dr. Gäck bei der Suche nach Nierensteinen und Nierentumoren ein Sonographiegerät ein. „Es handelte sich dabei um das von Internisten fortentwickelte Gerät der gynäkologischen Abteilung unseres Hauses. Diese Geräte waren damals unhandlich und erzeugten Bilder mit einer schwachen Auflösung.“

Dies änderte sich dank einer 50.000 DM-Spende der Familie Baums. „Mit diesem Geld wurde das erste eigene Sonographiegerät der Urologie angeschafft, welches dann permanent eingesetzt wurde.“ Dr. Michael Gäck, damals noch Oberarzt, entfernte Nierensteine bereits ab dem Jahr 1984 mittels Endoskop zur Zertrümmerung von Steinen mit Ultraschall. „Von dieser schonenden Behandlungsmethode profitierten viele Patienten“, erinnert sich der Facharzt. Das sprach sich herum. Der überregionale Bekanntheitsgrad der urologischen Abteilung des Stadtkrankenhauses wuchs stetig und wirkte sich positiv auf die personelle Besetzung, die Bettenkapazität und die medizintechnische Weiterentwicklung aus. 1988 wurden knapp über 500 Patienten stationär aufgenommen und behandelt. Deren Zahl stieg bis zu Dr. Gäcks Wechsel in den Ruhestand im Jahr 2007, auf rund 1500. Heute zählt die Urologie unter der Leitung von Chefrazt Dr. Thoams Fröhlich weit mehr als 2000 stationäre Behandlungen im Jahr.

Seit der Übernahme des Stadtkrankenhauses durch den Asklepios-Konzern und der Umbenennung in Stadtklinik im Jahr 2002, investiert das Unternehmen kontinuierlich in die moderne Ausstattung aller Abteilungen. Von der wohnortnahen Spitzenmedizin profitieren die Patienten, wie das aktuelle Beispiel der urologischen Abteilung zeigt. Die Brachytherapie, eine besondere Form der Bestrahlung bei Prostatakrebs im Frühstadium, oder die im weiteren Umkreis einzigartig angewandte Radiofrequenzablation, bei der bösartiges Tumorgewebe an der Niere organerhaltend erhitzt und zerstört wird, stehen stellvertretend für eine Reihe weiterer moderner Eingriffs- und Behandlungsmetoden auf höchstem medizinischen Niveau.

Einen Grundstein für diese anhaltende Positiventwicklung legte Dr. Michael Gäck. „Um das Spektrum der hiesigen Urologie zu erweitern aber auch mit Hinblick darauf, langfristig eine urologische Abteilung im Haus zu erhalten, war ich in den Jahren 1984 und 85 in der urologischen Abteilung eines Siegener Lehrkrankenhauses tätig.“ Dort baute Dr. Gäck seine urodynamischen Kenntnisse aus und lernte die Anwendung von Standard-Chemotherapien bei Tumorpatienten. Außerdem war er befähigt und in der Lage uro-onkologische Operationen durchzuführen. Zurückblickend sagt er: „Ausgerüstet mit neuem Wissen und erweiterten Kenntnissen sowie zusätzlichen operativen Fähigkeiten kehrte ich nach Bad Wildungen zurück, wo wir nun unser Indikationsspektrum beruhigt und mit Erfolg erweitern konnten.“

HINTERGRUND

Die Urologie ist in Bad Wildungen fest verwurzelt und verbunden mit bekannten Namen ehemaliger Ärzte. Einer von ihnen ist Dr. Wilhelm Schultheis. 1891 wurde er Assistent von Dr. Wolrad Marc, einem namhaften Urologen und Spezialisten auf dem Gebiet der Harnröhrenerkrankungen. 1896 wurde Dr. Paul Winkhaus die Chefarztleitung des Kurkrankenhauses Helenenheim übertragen. Die Leitung der chirurgischen Abteilung des Hauses mit urologischer Ausrichtung übernahm 1902 Dr. Wilhelm Schultheis. Dort entwickelte er die offene Blasenstein- und Blasenoperation sowie das Entfernen der vergrößerten Prostata erfolgreich weiter. Für Aufsehen sorgte auch Dr. Ludwig Zeiss, der 1937 zusammen mit seinem technischen Mitarbeiter Emil Meyer die so genannte Zeiss´sche Schlinge entwickelte. Weltweit wurde dieses Instrument lange Zeit eingesetzt, um kleinere Harnleitersteine ohne Operation zu entfernen. Ein Enkel des Urologen Dr. Zeiss betreibt heute zwei Rehakliniken in Bad Wildungen. Die Asklepios Helenenklinik zählt ebenfalls zu den traditionsreichen und bundesweit bekannten Fach- und Rehabilitationskliniken für Urologie mit Nephrologie und Urogynäkologie sowie Orthopädie. Zudem wird seit Jahren über die allgemeine Urologie hinaus eine neuro-urologische Abteilung in einer Reinhardshäuser Klinik betrieben.

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