Drei Jahre Manchester-Triage-System

Standardisiertes Verfahren zur Ersteinschätzung gibt Notfallpatienten mehr Sicherheit

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Maike Meyer-Dirks in der Notaufnahme der Asklepios Klinik Bad Oldesloe

Statistisch betrachtet landet in Deutschland jeder Vierte einmal im Jahr in einer  Notaufnahme: Wegen einer akuten Erkrankung oder beispielsweise einem Unfall im Haushalt sucht man die Notaufnahme auf. Aber warum werden andere früher aufgerufen, obwohl sie später gekommen sind?

Dr. Michael Schwitzer, Leiter der Notaufnahme und Pflegebereichsleitung Maike Meyer-Dirks sind mit ihren Teams 24 Stunden an sieben Tagen der Woche für die Versorgung von Notfällen in der Asklepios Klinik Bad Oldesloe im Dienst. Sie wissen, wie wichtig eine Festlegung der Behandlungsdringlichkeit ist. „Da naturgemäß nicht alle Patienten gleichzeitig behandelt werden können, muss bestimmt werden, wem sich unser Team zuerst widmen muss. Hierzu müssen wir abschätzen, wie dringlich eine sofortige Behandlung ist“, erklärt Maike Meyer-Dirks. Die gelernte Krankenschwester arbeitet seit 19 Jahren im Oldesloer Krankenhaus, zwölf Jahre davon in der Notaufnahme.

Seit der Einführung des sogenannten Manchester-Triage-Systems vor drei Jahren, haben sich nicht nur die Abläufe in der Notaufnahme weiter verbessert, sondern das Verfahren gibt auch den Patienten mehr Sicherheit. Das System zur Ersteinschätzung, das weltweit in Notaufnahmen eingesetzt wird, unterstützt Ärzte und Pflegende, lebenswichtige von einfachen Notfällen zu unterscheiden, Notfallpatienten klinisch zu priorisieren und notwendige Maßnahmen einzuleiten. Speziell geschulte Pflegekräfte fragen die Patienten umgehend nach der Anmeldung in der Notaufnahme nach Symptomen und Schmerzen und führen Voruntersuchungen durch. Die Entscheidung für eine Dringlichkeitsstufe fällt anhand von Indikatoren. Rund 200 Indikatoren sind zur Strukturierung im Manchester-Triage-System in 50 Präsentationsdiagrammen zusammengefasst. So gibt es zum Beispiel Diagramme für „Kopfverletzungen“, „Blutverlust“ oder „abdominelle Schmerzen bei Erwachsenen“. Je nach Symptomen wird der Patienten einer von fünf farblich markierten Dringlichkeitsstufen zugewiesen: Beginnend bei Blau, einem nicht dringendem Fall, bis zu Rot, wo eine sofortige Behandlung erforderlich ist. Die Einstufung gibt an, nach welcher maximalen Zeit der erste Arztkontakt spätestens stattgefunden haben sollte. Dabei staffeln sich die Wartezeiten bis zum Arztkontakt zwischen „sofort“ und 120 Minuten. „Unser Ziel ist natürlich für alle Patienten, den Arztkontakt so schnell wie möglich zu ermöglichen“, sagt Maike Meier-Dirks. Aber in einer Notaufnahme sei das Patientenaufkommen nicht planbar, die Krankheitsbilder sehr unterschiedlich. „Die Festlegung der Behandlungsdringlichkeit ist auch der Grund dafür, dass unsere Patienten nicht immer in der Reihenfolge ihres Kommens zum Arzt gerufen werden“, erklärt die erfahrene Bereichsleitung der Notaufnahme.

Um die Transparenz über die Wartezeit zu erhöhen, hängt im Wartezimmer der Notaufnahme ein Monitor, der alle aktuell eintreffenden Patienten mit Namenskürzel und Farbe sichtbar anzeigt. „Für die Patienten ist der Behandlungsrhythmus damit gut nachvollziehbar. Die voraussichtliche Wartezeit kann sich aber jederzeit ändern, wenn lebensbedrohliche Notfälle versorgt werden müssen.“

Voraussetzung für die verantwortliche Aufgabe der Triagierung ist eine lange Berufserfahrung und hohe Qualifizierung aller am System beteiligten Mitarbeiter. „Die Mitarbeiter der Zentralen Notaufnahme sind explizit geschult, so dass das Ergebnis der Triagierung eines Patienten unabhängig vom Mitarbeiter ist. Außerdem können wir so Zeitverluste besonders bei kritischen Krankheitsbildern vermeiden,“, sagt Maike Meyer-Dirks.

Manchester-Triage-System (MTS) stammt aus Großbritannien
Das MTS entstand 1994 aus der Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegekräften der Notaufnahmen von neun Krankenhäusern in Manchester. Das System wurde erstmals 1995 in Manchester eingeführt und fand schnell starke internationale Verbreitung, insbesondere in Großbritannien, auf der Iberischen Halbinsel, in Skandinavien und den Beneluxstaaten. Seit 2004 sind Triage-Systeme wie das MTS auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Klinikgeschäftsführer Dr. Klaus Schmolling: „Unsere Mitarbeiter in der Notaufnahme haben rund 14.000 Patientenkontakte pro Jahr. Gerade die älteren Patienten haben Begleiterkrankungen, die berücksichtig werden müssen. Das erhöht die Anforderungen an die Ärzte und das Pflegepersonal, so dass ein standardisiertes System zur Ersteinschätzung der Notfallpatienten für uns unerlässlich ist.“

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