Vortrag am ACH über Tuberkulose in Indien
„Dieses Thema ist brandaktuell!“ Mit diesen Worten eröffnete PD Dr. med. habil. Norbert Braun seinen Vortrag am ACH über seine regelmäßigen Einsätze im südindischen Salem.
„Dieses Thema ist brandaktuell!“ Mit diesen Worten eröffnete PD Dr. med. habil. Norbert Braun, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am MediClin Müritz-Klinikum, seinen Vortrag am Asklepios Campus Hamburg über seine regelmäßigen Einsätze im südindischen Salem. Damit hatte er sofort die Aufmerksamkeit des studentischen Auditoriums für ein Thema gewonnen, das eben noch sehr weit weg zu sein schien.
Tuberkulose (Tb) taucht aktuell wieder in den Schlagzeilen auf, meist im Zusammenhang mit der großen Zahl von Flüchtlingen in Deutschland und dort auftretenden Verdachtsfällen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist ein Drittel der Weltbevölkerung Tuberkulose-infiziert, wobei nur verhältnismäßig wenige das Bakterium weitergeben. Dennoch fordert die Tb jedes Jahr 1,5 Millionen Menschenleben, wobei nach wie vor jeder fünfte Tb-Tote aus Indien kommt. Die indische Regierung hat bereits 1996 auf diese Zahlen reagiert: Mit Hilfe der WHO, der Weltbank und zahlreichen Nichtregierungsorganisationen initiierte sie das „Revised National Tuberculosis Control Program“ (RNTCP), das sich zum weltweit größten Gesundheitsprojekt entwickelt hat.
PD Dr. Braun machte in seinem Vortrag deutlich, warum er von der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit des RNTCP-Programms so überzeugt ist. Seit seiner Studienzeit Mitte der 80er Jahre begleitet er das Projekt privat. Begonnen hat alles mit einem halbjährigen humanitären Einsatz in Südindien, vermittelt durch das deutsche Aussätzigenhilfswerk. „Ich habe dort erlebt, wie durch geschickte Zusammenarbeit von staatlichen und privaten Organisatoren zunächst die Lepra in dieser Region ausgerottet und heute zunehmend effektiver Tuberkulose bekämpft wird.“ Entscheidend dabei sei die Anwendung der „direkt beobachteten Medikamenteneinnahme“ („Direct observation of treatment“, kurz DOT), bei der Patienten in der Apotheke die Antibiotika unter Aufsicht einnehmen müssen“, so PD Dr. Braun. So könnten Menschen geheilt und Rückfälle minimiert, sowie die Ausbreitung und Todesfälle verhindert werden. Dies diene dem Schutz der gesamten Bevölkerung auf dem Subkontinent.
Nach wie vor fährt PD Dr. Braun alle zwei bis drei Jahre nach Indien oder erhält Besuch von dortigen Kollegen. Während er in den 80er und 90er Jahren noch Medikamente und technische Ausrüstung mit nach Indien genommen hat, ist dies heute nicht mehr nötig: Indien ist ein Schwellenland und kann bedeutende Wirkstoffe selbst herstellen. „Mittlerweile unterstütze ich in Salem und Umgebung die Kolleginnen und Kollegen im wissenschaftlichen Austausch und begleite sie zu den sogenannten „Surveys“, bei denen vor Ort Daten erhoben werden. Diese werden gemeinsam mit den lokalen Lepra- und TBC-Inspektoren ausgewertet. So lerne ich die Schwierigkeiten einer Versorgungsmedizin im städtischen und ländlichen Raum immer besser verstehen. Und da ich die großen Erfolge sehe, die dieses Programm in den letzten 30 Jahren zu verzeichnen hat, ist meine Tätigkeit dort immer wieder sehr erfüllend.“
Verdeutlicht wurde dies noch einmal durch die Dokumentation, die Braun zum Abschluss zeigte. In dem 30minütigen Film lernte das Auditorium in eindrucksvollen Bildern und Gesprächen zwei Jugendliche und ihre Krankheiten näher kennen: Den 13-jährigen Arun, der an Tb erkrankt und zudem durch seine Mutter HIV-infiziert ist, sowie den 14-jährigen Kannan, der aufgrund einer Lepra-Erkrankung unter einer deformierten „Krallenhand“ leidet.
Die anwesenden Studierenden, Frau Doris Holding vom Asklepios-Konzernbereich Qualität sowie die Mitglieder des ACH-Teams waren gleichermaßen beeindruckt und berührt von dem Schicksal der beiden Jungen, der Situation vor Ort sowie der offensichtlichen Nachhaltigkeit des Hilfsprogramms. Sie alle gingen an diesem Abend mit vielen neuen Bildern im Kopf nach Hause.