Frührehabilitation bei peripheren Nervenschädigungen

Frührehabilitation bei peripheren Nervenschädigungen

Bild: Patientin im Krankenhausbett

Neben dem zentralen Nervensystem (ZNS, Gehirn und Rückenmark) gibt es das periphere Nervensystem (PNS, die Nerven außerhalb des Schädels und des Wirbelkanals). Im Folgenden erklären unsere Expert:innen den Prozess der Frührehabilitation bei ausgeprägten akuten Schädigungen des peripheren Nervensystems.

Diese Schädigungen können nach einer Langzeit-Intensivbehandlung schwerer Erkrankungen auftreten, als Guillain-Barré-Syndrom (GBS) oder Critical-Illness-Polyneuropathie (CIP). Die Frührehabilitation soll die motorischen und sensorischen Funktionen bei den Betroffenen wiederherstellen. Unsere Expert:innen beschreiben die angewandten Methoden und Therapien, die darauf abzielen, die Selbstständigkeit unserer Patient:innen zu erhöhen und ihre Lebensqualität zu verbessern.

Haben Sie Fragen zur Frührehabilitation bei peripheren Nervenschädigungen? Wir bei Asklepios helfen Ihnen gerne weiter und bieten Ihnen umfassende Unterstützung und Beratung an.

Frührehabilitation bei akuten Schädigungen des peripheren Nervensystems

In diesem Abschnitt skizzieren unsere Expert:innen die Ziele, Methoden, Herausforderungen und Lösungsansätze der Frührehabilitation bei ausgeprägten akuten Schädigungen des peripheren Nervensystems.

Unser Ziel ist, die Selbstständigkeit unserer Patient:innen zu erhöhen und langfristige Behinderungen zu minimieren. Der Prozess ist vielfältig – unsere Teams arbeiten hierbei über die unterschiedlichen Fachrichtungen hinweg eng und vertrauensvoll zusammen. Das Therapiekonzept stimmen wir individuell auf unsere Patient:innen ab.

Ziele der Frührehabilitation

Vor allem soll die Frührehabilitation Sekundärkomplikationen vermeiden wie Muskelschwund (Muskelatrophie), Gelenkversteifungen und Druckgeschwüre. Des Weiteren arbeiten unsere Teams daran, die Muskelfunktion wiederherzustellen und die Mobilität sowie die sensorischen Fähigkeiten zu fördern. Die Verbesserung der Atemfunktion und die Vermeidung von die Atmung betreffenden Komplikationen (respiratorische Komplikationen) sind ebenso zentral. Das gilt insbesondere für Patient:innen, die eine mechanische Beatmung benötigen oder benötigt haben. Die Entwöhnung von der Beatmungsmaschine stellt oftmals das erste Rehabilitationsziel dar.

Methoden der Frührehabilitation

Die Frührehabilitation umfasst verschiedene Therapieansätze. Die gängigsten stellen unsere Expert:innen Ihnen hier näher vor:

  • Physiotherapie: Sie beinhaltet passive und aktive Bewegungsübungen zur Förderung der Muskelkraft und Gelenkbeweglichkeit. Bei GBS-Patient:innen (Guillain-Barré-Syndrom) beginnen unsere Fachteams oft mit passiven Maßnahmen, um die betroffenen Gliedmaßen zu mobilisieren.
  • Beatmungsentwöhnung bei langzeitbeatmeten neurologischen Patienten.
  • Atmungstherapie: Atmungstherapeut:innen spielen neben dem intensivmedizinischen Fachpflegepersonal eine zentrale Rolle bei der Entwöhnung vom Beatmungsgerät.
  • Dysphagietherapie: Speziell ausgebildete Logopäd:innen und Ergotherapeut:innen behandeln die oftmals erheblich beeinträchtigte Schluckfunktion. Sie ermöglichen ihren Patient:innen, wieder zu essen und zu trinken.
  • Ergotherapie: Ergotherapeut:innen verbessern die Feinmotorik und die Fähigkeit zur Durchführung von Alltagsaktivitäten bei ihren Patient:innen. Hilfsmittel und Anpassungen im häuslichen Umfeld können hierbei unterstützend wirken.
  • Logopädie: Neben der Behandlung von Schluckstörungen kümmern sich Logopäd:innen auch um die Beeinträchtigungen der Sprachfunktionen. Sie setzen gezielte Übungen zur Wiederherstellung der Kommunikationsfähigkeit ihrer Patient:innen ein.
  • Neuropsychologie: Kognitiven Defiziten, die durch die Erkrankung oder die Intensivbehandlung entstanden sein können, widmen sich unsere Expert:innen mit spezifischen Trainingsmaßnahmen.
  • Schmerztherapie: Erst reduzierte Schmerzen oder Schmerzfreiheit lassen die aktive Teilnahme der Patient:innen an Therapiemaßnahmen zu.

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Herausforderungen und Lösungsansätze

Eine der größten Herausforderungen in der Frührehabilitation ist die große Variabilität der Erkrankungsverläufe. Jede Patientin und jeder Patient reagiert anders auf die Therapie. Unsere interdisziplinär arbeitenden Teams passen den Rehabilitationsplans deshalb kontinuierlich an.

Die Ärzt:innen, Therapeut:innen und Pflegekräfte arbeiten eng zusammen, um auf Veränderungen im Zustand ihrer Patient:innen schnell reagieren zu können.

Die Patient:innen können oft nur eingeschränkt kommunizieren. Das ist eine Herausforderung, denn unsere Teams möchten zum einen sicherstellen, dass ihre Patient:innen die Therapien verstehen, zum anderen wollen sie auch auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen. Hier helfen spezielle Kommunikationshilfen und die Einbeziehung von Angehörigen oder Zugehörigen.

Die psychische Belastung durch die Erkrankung selbst und durch die leider langwierige Rehabilitation kann zu Motivationsproblemen führen. Deshalb sind psychologische Betreuung und der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Patient:innen und Behandlungsteam so wichtig.

Die Frührehabilitation bei akuten Schädigungen des peripheren Nervensystems ist ein komplexer Prozess. Er erfordert eine individuelle Herangehensweise und eine enge Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen. Mit Geduld, Erfahrung und einem gut abgestimmten Behandlungsplan lassen sich diese Herausforderungen jedoch meistern und die Lebensqualität der Betroffenen signifikant verbessern.

Ablauf der Frührehabilitation bei peripheren Nervenschädigungen

Die Frührehabilitation bei akuten Schädigungen des peripheren Nervensystems ist ein mehrstufiger, komplexer Prozess. Er zielt darauf ab, die neurologischen Funktionen der Patient:innen zu verbessern und ihre Selbstständigkeit zu fördern. Unsere Expert:innen stellen Ihnen im Folgenden den Ablauf der Frührehabilitation als sechs Phasen vor.

Erste Phase: Akutbehandlung und Stabilisierung

Die Frührehabilitation beginnt bereits auf der Intensivstation oder in der Akutklinik. In dieser Phase steht die medizinische Stabilisierung unserer Patient:innen im Vordergrund. Die Ärzt:innen stellen die Vitalfunktionen sicher durch Beatmung und Kreislaufunterstützung. Sie leiten Maßnahmen ein zur Vermeidung von Sekundärkomplikationen wie Thrombosen oder Druckgeschwüren (Druckulzera). 

Beatmungsentwöhnung (Weaning)

Bei Aufnahme in die Frührehabilitation sind viele der Patient:innen noch maschinell beatmet. Das erste Therapieziel besteht dann in der Entwöhnung vom Beatmungsgerät. Hierfür stehen bei Asklepios zertifizierte, spezielle Abteilungen im Rahmen der neurologischen Frührehabilitation zur Verfügung.

Entwöhnung von der Trachealkanüle

Eine Trachealkanüle ist ein Kunststoffschlauch, den die Ärzt:innen durch einen Luftröhrenschnitt in die Luftröhre einbringen. Er dient meist als Beatmungszugang bei langfristiger Beatmung. Auch nach einer erfolgreichen Entwöhnung vom Beatmungsgerät können die Ärzt:innen die einliegende Trachealkanüle nur in den seltensten Fällen sofort entfernen, denn die Kanüle ist ein Schutz vor Verschlucken (Aspirationen). Verschlucken wiederum kann zu Lungenentzündungen führen. Unsere Ärzt:innen entfernen die Trachealkanüle schrittweise – in einem strukturierten Entwöhnungsprozess im Rahmen der interdisziplinären Therapie.

Diagnostik und Behandlung von Schluckstörungen (neurogene Dysphagie)

Schluckstörungen führen nicht selten durch Verschlucken zu schweren Lungenentzündungen. Um die Rate an Lungenentzündungen zu senken, räumen wir bei Asklepios dieser Problematik einen hohen Stellenwert ein. Für die Diagnostik stehen radiologische und endoskopische Verfahren zur Bewertung (Evaluation) des Schluckakts zur Verfügung. Hierbei kommt der funktionellen endoskopischen Evaluation des Schluckens (FEES) eine herausragende Bedeutung zu.

Zweite Phase: Multimodale Diagnostik und Therapieplanung

Sobald die Patient:innen stabilisiert sind, erfolgt eine umfassende diagnostische Bewertung, um das Ausmaß der Nervenschädigung zu bestimmen. Dazu gehören neurologische Untersuchungen, elektrophysiologische Tests und gegebenenfalls Bildgebungsverfahren. Auf Basis dieser Diagnostik erstellen unsere Teams einen individuellen Therapieplan, der die spezifischen Bedürfnisse und Ziele ihrer Patient:innen berücksichtigt.

Dritte Phase: Intensivierung der Therapie

In der dritten Phase steigern wir die Intensität der Rehabilitationsmaßnahmen. Die Physiotherapie umfasst nun aktive und passive Bewegungsübungen, um die Muskelkraft zu erhalten und Versteifungen (Kontraktur) vorzubeugen. Ergotherapeutische Maßnahmen zielen darauf ab, die Feinmotorik und die Fähigkeit zur Durchführung von Alltagsaktivitäten zu verbessern. Bei Bedarf leiten unsere Teams auch logopädische und neuropsychologische Therapien ein.

Vierte Phase: Spezialisierte Rehabilitationseinrichtungen

Nach der Akutphase werden die Patient:innen häufig in besondere Rehabilitationseinrichtungen verlegt. Hier stehen ihnen Teams aus Ärzt:innen, Therapeut:innen und Pflegekräften zur Seite, die auf die Behandlung von Nervenschädigungen spezialisiert sind. Die Therapie wird weiter individualisiert und intensiviert, um die neurologischen Funktionen bestmöglich wiederherzustellen.

Fünfte Phase: Ambulante Weiterbehandlung und Nachsorge

Nach dem Aufenthalt in der Rehabilitationseinrichtung folgt die ambulante Weiterbehandlung. Die Patient:innen erhalten einen detaillierten Therapieplan, der Übungen für zu Hause, regelmäßige ambulante Therapiesitzungen und gegebenenfalls die Anpassung von Hilfsmitteln umfasst. Die Nachsorge dient dazu, die erzielten Fortschritte zu sichern und weiter auszubauen.

Sechste Phase: Langzeitbetreuung und Anpassung

Die Langzeitbetreuung ist darauf ausgerichtet, unsere Patient:innen bei der Wiedereingliederung in ihr soziales und berufliches Leben zu unterstützen. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Anpassung des Wohnraums und zur Schulung des persönlichen Umfelds. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen helfen dabei, den Rehabilitationsverlauf zu überwachen und die Therapie bei Bedarf anzupassen.

In jeder Phase der Frührehabilitation ist eine enge Zusammenarbeit zwischen unseren Patient:innen, ihren Angehörigen oder Zugehörigen und dem Behandlungsteam entscheidend für den Erfolg.

Bedeutung der Frührehabilitation bei peripheren Nervenschädigungen

Die Frührehabilitation bei ausgeprägten akuten Schädigungen des peripheren Nervensystems wie dem Guillain-Barré-Syndrom oder der Critical-Illness-Polyneuropathie entscheidet über den Genesungsprozess der Patient:innen.

Eine adäquat durchgeführte Frührehabilitation kann langfristige und schwerwiegende Konsequenzen wie dauerhafte Beeinträchtigungen der motorischen und sensorischen Funktionen vermeiden.

Die Vernachlässigung der Frührehabilitation kann die Entwicklung von Sekundärkomplikationen begünstigen. Dazu zählen Muskelschwund (Muskelatrophien) durch die Inaktivität, Gelenkversteifungen und Druckgeschwüre, die durch eine lange Bettlägerigkeit entstehen können. Solche Komplikationen wiederum erhöhen den Pflegebedarf und führen zu medizinischen Behandlungen.

Ohne ausreichende Rehabilitationsbehandlung können Patient:innen Frustration und Depressionen entwickeln, weil sie keine Fortschritte sehen oder mit den langfristigen Folgen ihrer Erkrankung konfrontiert werden. Dies kann den Rehabilitationsprozess weiter erschweren und die Wiederherstellung der Funktionen verzögern.

Um diese negativen Konsequenzen zu vermeiden, sollte eine umfassende Frührehabilitation so früh wie möglich nach der Diagnosestellung beginnen. Nur ein interdisziplinäres Team aus Ärzt:innen, Therapeut:innen und Pflegekräften, das auf die Behandlung von Schädigungen des peripheren Nervensystems spezialisiert ist, kann die bestmögliche Genesung der Patient:innen gewährleisten. Unser gemeinsames Ziel ist die Rückkehr unserer Patient:innen in ein selbstbestimmtes Leben.

Nachsorge und Weiterbehandlung nach der Frührehabilitation

Nach einer erfolgreichen Frührehabilitation bei ausgeprägten akuten Schädigungen des peripheren Nervensystems festigen eine kontinuierliche Nachsorge und die Weiterbehandlung die erzielten Fortschritte und bauen sie weiter aus.

Was Patient:innen nach der Frührehabilitation erwarten können

Nach Abschluss der Frührehabilitation können Patient:innen in der Regel eine Verbesserung ihrer motorischen Fähigkeiten und eine gewisse Rückkehr der sensorischen Funktionen erwarten. Die Intensität der Symptome sollte abgenommen haben und die Patient:innen sollten in der Lage sein, einfache Alltagsaufgaben mit oder ohne Hilfsmittel selbstständig oder mit minimaler Unterstützung zu bewältigen.

Weiterführende Therapiemaßnahmen

Die Weiterbehandlung umfasst in der Regel:

  • Physiotherapie: Fortsetzung der Bewegungstherapie zur weiteren Stärkung der Muskulatur und Verbesserung der Koordination.
  • Ergotherapie: Anpassung der Hilfsmittel und Training zur Förderung der Selbstständigkeit im Alltag.
  • Logopädie: Bei Bedarf fortgesetzte Unterstützung zur Verbesserung von Sprach- und Schluckfähigkeiten.
  • Schmerztherapie: Weiterführung von Maßnahmen zur Schmerzlinderung und Schmerzkontrolle.
  • Psychologische Betreuung: Unterstützung bei der Bewältigung psychischer Folgen der Erkrankung und der langen Rehabilitationsphase.

Nachsorge und regelmäßige Kontrollen

Die Nachsorge beinhaltet regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch die behandelnden Ärzt:innen. Unsere Teams überwachen den Rehabilitationsverlauf und passen den Therapieplan bei Bedarf an. Zudem empfehlen sie ihren Patient:innen Übungen für zu Hause, die ihre Genesung weiter zu unterstützen.

Langfristige Perspektiven

Langfristig zielt die Nachsorge darauf ab, die erzielten Verbesserungen zu erhalten und unseren Patient:innen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dazu gehört auch die Beratung und Schulung des persönlichen Umfelds, das die Patient:innen in ihrem Alltag unterstützt.

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