Vaskulitiden
Eine Vaskulitis (Mehrzahl: Vaskulitiden) ist eine Entzündung der Blutgefäße.
Je nachdem, welche Blutgefäße in welchem Organ von der Krankheit befallen sind, ist das Beschwerdebild ganz unterschiedlich. Manchmal sind nur die großen Blutgefäße betroffen, manchmal nur die ganz kleinen. Bei manchen schwillt die Gefäßinnenhaut an, so dass ein vollständiger Verschluss droht.
Man unterscheidet primäre Vaskulitisformen, die allein auftreten, und sekundäre, die nur im Gefolge einer anderen Krankheit zu beobachten sind.
Vaskulitiden treten bei Menschen aller Altersgruppen auf. Auf Grund der vielfältigen Organbeteiligungen sind auch die Zeichen einer Vaskulitis vielfältig.
2012 erschien die neue Chapel Hill Konsensus Nomenklatur für die Vaskulitiden, die einigen neue Krankheitsbezeichnungen und Entitäten beinhaltet:
VASKULITDEN DER GROSSEN GEFÄSSE
POLYMYALGIA RHEUMATICA
Für die Polymyalgia rheumatica wurden 2012 neue Klassifikationskriterien erstellt, die auch die sonographischen Befunde mit beinhalten:
Betroffen sind von der Erkrankung Menschen oberhalb des 50. Lebensjahres, typischer Weise bestehen neben den Schulter- und/oder Beinschmerzen auch eine Allgemeinsymptomatik mit Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust. Fieber kommt ebenso bei dem Krankheitsbild vor, wie hohe serologische Entzündungszeichen.
In ca. 30%-50% besteht eine Überlappung mit der sogenannten Vaskulitis der großen Gefäße/Riesenzellarteriitis. Es gibt eine saisonale Häufung in Erkältungszeiten (Frühjahr und Herbst), sodass eine Beteiligung verschiedener Erreger (Bakterien und Viren) in der Entstehung der Erkrankung diskutiert wird.
Die Therapie besteht in erster Linie aus Glukokortikosteroiden, die ggf. mit steroidsparenden Immunsupressiva wie Azathioprin oder Methotrexat kombiniert werden. Eine Therapierefraktärität, das heißt, ein Wiederanstieg der serologischen Entzündungsparameter während der Steroidreduktion, oder das Wiederauftreten klinischer Symptome, bevor die angestrebte Erhaltungsdosis von 5 mg Prednisolonäquivalent erreicht ist, sollte an das Vorliegen einer zusätzlichen Großgefäßvaskulitis denken lassen, und Grund für weitere diagnostische Maßnahmen (Sonografie, MRT-Angio, ggf- PET-CT) sein, da die Therapie dann aggressiver gestaltet werden muss.
VASKULITIS DER GROSSEN GEFÄSSE/RIESENZELLARTERIITIS
Diese betrifft die großen und mittleren Arterien, gerade im Fall des gleichzeitigen Vorhandenseins einer Polymyalgia rheumatica ist oft die Aorta (Hauptschalgader) mit oder ohne ihre direkt abgehenden Gefäße betroffen. Häufigstes Symptom hierbei ist der Schläfenkopfschmerz, gefolgt von Schmerzen beim Kauen („Kauschmerz“) Schmerzen in anderen Bereichen der Kopfgefäße („Schwartenkopfschmerz“). Gefürchtetste Komplikation ist die Erblindung durch Befall der Arteria ophthalmica, die den Sehnerv versorgt. Warnsignale hierfür sind neben dem Schläfenkopfschmerz und der Amaurosis fugax (, d.h. vorübergehende völlige Erblindung) auch der Kauschmerz.
Die Ausbreitungsdiagnostik kann mittels Ultraschall, Angio-MRT oder PET-CT erfolgen. Im Bereich der Temporalarterie kann ein sogenanntes „Halo-Zeichen“ im Ultraschall gesehen werden. Eine Biopsie ist nach wie vor der Goldstandard, um die Riesenzellarteriitis in diesem Bereich histopathologisch nachzuweisen, man kann den Biopsieort mit den sonografischen Befunden gut steuern. Typische laborchemische Befunde wie Autoantikörper gibt es nicht, meist (in 95%) sind erhöhte serologische Entzündungsparameter (BSG, CRP) vorhanden, ein erhöhtes Fibrinogen gilt als sensitivster Marker einer Entzündungsaktivität bei der Großgefäßvaskulitis. Therapeutisch wird hier häufig neben den Glukokortikosteroiden (in höheren Dosierungen) auch gleich ein steroidsparendes Immunsuppressivum wie Methotrexat oder Azathioprin eingesetzt, bei nicht zufriedenstellendem Ansprechen kommen Cyclophosphamid oder Tocilizumab zum Einsatz.
TAKAYASU ARTERIITIS
Die Takayasu Arteriitis, benannt nach dem Japanischer Ophthalmologen Takayasu, ist der Vaskulitis der großen Gefäße des älteren Patienten sehr ähnlich, weist allerdings bei gleichen histopathologischen Befunden ein etwas anderes Befallsmuster auf, mit Betonung der Aorta und der von ihr abgehenden Gefäße und im Vordergrund stehenden Stenosierungen (Symptom: „Schaufensterkrankheit, Claudicatio“). Definitionsgemäß bezeichnet man die Großgefäßvaskulitis bei Patienten unterhalb des 50. Lebensjahres als Takayasu Arteriitis.
VASKULITIDEN DER MITTLEREN GEFÄSSE
Hier ist vor allem die Polyarteriitis nodosa (PAN) zu nennen, bei der multiple Aneurysmata und Stenosen vor allem der mesenterialen Arterien auftreten und bei angiographischer Darstellung wegweisend für die Diagnose sind. Klinisch kann das Bild mannigfaltig sein, am häufigsten kommen Polyneuropathien und Neuritiden, Hautveränderungen (kutane PAN), Arthralgien und Arthritiden vor.
Die PAN ist relativ selten. Es besteht in 15% bis 30% der Fälle eine Assoziation mit einer chronischen Hepatitis B Infektion im Sinne einer immunkomplexvermittelten Vaskulitis.
Polyarteriitis nodosa Häufigkeit
ANCA ASSOZIIERTE VASKULITIDEN DER KLEINEN GEFÄSSE (AAV)
Klassifikationskriterien der AAV
GRANULOMATOSE MIT POLYANGIITIS (nach Friedrich Wegener, kurz GPA)
Diese Erkrankung wurde nach dem deutschen Pathologen Friedrich Wegener benannt (1907 bis 1990, Lübeck). Seit einigen Jahren wird die Erkrankung als Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener), Abkürzung: GPA- bezeichnet.
Die diversen Organmanifestationen kommen in unterschiedlicher Häufigkeit vor, es ist der HNO-Trakt betroffen.
Die diversen Organmanifestationen kommen in unterschiedlicher Häufigkeit vor, am häufigsten ist die sogenannte „Kopfklinik“, also eine blutig-borkige Rhinitis mit Sinusitis, ggf. auch Mastoiditis mit Hypakusis , gefolgt von der pulmonale Beteiligung mit Granulomen oder Hämorrhagien. Gefürchtet ist die in etwa der Hälfte der Fälle auftretende rapid progressive Glomerulonephritis, die unbehandelt zur tödlichen Niereninsuffizienz führt. Arthritiden und neurologische Manifestationen kommen ebenfalls bei mehr als der Hälfte der Patienten vor.
Man unterscheidet, ja nach vorhandener klinischer Symptomatik, 3 Untergruppen respektive Schweregrade der GPA mit unterschiedlichen prognostischen Aussichten und therapeutischen Konsequenzen:
Therapeutisch würde man im lokalisierten Stadium Cotrimoxazol, niedrig dosierte Steroide und Methotrexat einsetzen, im frühsystemischen Stadium Steroide und Methotrexat oder Leflunomid, im generalisierten Stadium Cyclophosphamid und Steroide, alternativ Rituximab. Im schweren Stadium kommt zusätzlich eine Plasmapherese in Betracht. Die refraktären Verläufe werden ebenfalls einer aggressiveren Therapie zugeführt.
Das Therapieansprechen wird dann unter anderem anhand der unten aufgeführten Aktivitätsstadien beurteilt, und je nach Symptomatik und Vortherapie wieder wie oben angeführt behandelt.
Mikroskopische Polyangiitis (MPA)
Für die MPA gibt es keine Klassifikationskriterien, sie ist in ca. 80% der Fälle mit Antikörpern gegen Myeloperoxidase (MPO-ANCA, in der Immunfluoreszenz p-ANCA) assoziiert. Die MPA ist klassischer Weise eine Kombination aus pulmonaler Beteiligung (Alveolitis) und Nierenbeteiligung (rapid progressive Glomerulonephritis). Die Therapie entspricht derjenigen der GPA.
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) – früher: Churg-Strauss Syndrom
Im Gegensatz zu den anderen ANCA assoziierten Vaskulitiden lassen sich die ANCA hier nur in einer Minderheit der Patienten nachweisen. Letztlich sind die klinischen Kriterien für die Diagnose entscheidend.
VASKULITIDEN VARIABLER GEFÄSSE
IgA Vaskulitis (früher: Purpura Schönlein-Henoch)
Die IgA Vaskulitis ist eigentlich eine Erkrankung im Kindesalter. Für Erwachsene sind keine genauen Daten vorhanden, die Erkrankung scheint hier aber etwas schwerer zu verlaufen, als im Allgemeinen bei Kindern. Es wird ein gehäuftes Auftreten in den Erkältungszeiten berichtet, sowie nach Atemwegsinfekten. Das offensichtlichste Symptom ist die palpable (tastbare) Purpura der Haut.
Es wird ein gehäuftes Auftreten in den Erkältungszeiten berichtet, sowie nach respiratorischen Infekten. Das Serum-IgA ist häufig erhöht, im Falle einer gastrointestinalen Beteiligung kann es zu Blutungen kommen, bei der Nierenbeteiligung steht die Proteinurie im Vordergrund. Histopathologisch finden sich IgA dominierte Immunkomplexe.
Therapeutisch wird bei alleiniger Hautbeteiligung eine Monotherapie mit Glukokortikosteroiden bevorzugt, bei schwereren Organmanifestationen kommen in erster Linie Azathioprin oder Cyclophosphamid in Betracht.
Thrombangiitis obliterans (früher: M. Winniwarter-Buerger)
Hierbei handelt es sich um eine nichtatherosklerotische, segmentale Entzündung der kleinen und mittleren Gefäße der Extremitäten. Histologisch findet sich ein okklusiver inflammatorischer Thrombus mit relativer Aussparung der Gefäßwand. Bei den betroffenen Patienten handelt es sich meist um junge Raucher, die sich mit einer Ischämie distaler Extremitätenarterien bis hin zu Nekrosen vorstellen. Es besteht eine klare Verbindung zu Tabakprodukten und ein Nikotinverzicht ist für die Vermeidung von Amputationen unerlässlich.
Kryoglobulinämische Vaskulits
Kryoglobuline sind entweder Immunglobuline oder eine Mischung aus Immunglobulinen und Komplement. Bei Temperaturen unter 37 Grad Celsius fallen die Kryoglobuline aus.
Kryoglobuline im Serum sind weitaus häufiger nachweisbar, zum Beispiel bei Hepatitis C infizierten in bis zu 65%, bei Kollagenosen in 15-25%.
Für die CV gibt es provisorische Klassifikationskriterien (De Vita et al., Ann Rheum Dis 2011;70:1183-90):
Klinisch am häufigsten ist die palpable Purpura der Haut gefolgt von Arthralgien und Myalgien, der peripheren Neuropathie, der Bronchiolitis obliterans und der kryoglobulinämischen Glomerulonephritis.
Therapeutisch wird bei zugrundeliegender Virusinfektion primär diese behandelt, bei zugrundeliegender hämatologischer Erkrankung primär letztere. Ansonsten ist eine Immunsuppression mit Glukokortikosteroiden, kombiniert mit zum Beispiel Azathiorpin Mottel der Wahl, bei Ineffektivität kommt (off label) Rituximab in Frage.
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