Geschichte unserer Klinik

Diese Seite erinnert an ein bedeutsames Kapitel der Nachkriegsgeschichte: das Leben der Displaced Persons (DPs), die von 1945 bis Mitte der 50er Jahre auf dem Gelände des heutigen Klinikums in Gauting Zuflucht fanden. Nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs war das DP-Hospital für viele Überlebende von Konzentrationslagern und Zwangsarbeit ein Ort der Genesung und des Neuanfangs. Hier wurden sie medizinisch versorgt und konnten neue Hoffnung schöpfen. Mit dieser Seite und der Gedenktafel auf dem Klinikgelände möchten wir das Andenken an ihr Schicksal bewahren und die Bedeutung dieses Ortes als einen Ort des Überlebens und Neubeginns in der Nachkriegszeit würdigen.

AKGauting-Gedenktafel-DPs-Karte
Abb. 1: Auf der Gedenktafel abgebildet ist der Lageplan des Geländes aus der Publikation von Prof. Dr. Walter Fürnrohr. Dieser Lageplan zeigt die wichtigsten Gebäude und Einrichtungen des Hospitals, die damals auf dem heutigen Klinikgelände standen.

Überleben und Neubeginn: Forschung und Dokumentation
Die Grundlage für die historische Aufarbeitung dieses Themas liegt in den Arbeiten von Prof. Dr. Walter Fürnrohr. In seiner Publikation Überleben und Neubeginn: DP-Hospital Gauting ab 1945 hat er zusammen mit Co-Autor Felix Muschialik umfangreiche Recherchen durchgeführt und die Geschichte des Hospitals detailreich dokumentiert. Das Werk bildet die Basis für die Inhalte dieser Webseite sowie der Gedenktafel.

Prof. Dr. Walter Fürnrohr: Historiker und Wegbereiter der Erinnerungskultur
Prof. Dr. Walter Fürnrohr, Historiker und Geschichtsdidaktiker, hat maßgeblich dazu beigetragen, die Geschichte des DP-Hospitals Gauting aufzuarbeiten. Leider verstarb er im Jahr 2021 und konnte die Umsetzung dieser Gedenktafel nicht mehr erleben. Sein Werk bleibt jedoch ein wichtiger Beitrag zur Zeitgeschichte und ein unverzichtbares Dokument für die Erinnerung an das Schicksal der DPs in Gauting.

Felix Muschialik: Bergvermessungsingenieur und Historiker
Muschialik war ein deutscher Historiker und Autor. Er arbeitete unter anderem mit Walter Fürnrohr an historischen Projekten, wie der Dokumentation von Opfern des Zweiten Weltkriegs in Gauting.

Würdigung von Herrn Dr. Ekkehard Knobloch: Ein Leben für das Gedenken
Eine besondere Rolle bei der Realisierung dieser Gedenktafel spielte Dr. Knobloch. Als ehemaliger Bürgermeister von Gauting hat er sich unermüdlich für die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus und die Displaced Persons eingesetzt. Durch sein Engagement wurden zahlreiche Mahnmale, darunter auch die Todesmarsch-Mahnmale im Würmtal und das Mahnmal auf dem jüdischen Friedhof, initiiert. Wir danken ihm von Herzen für seine langjährige Unterstützung, die es ermöglicht hat, diese Gedenktafel zu realisieren.

Auszeichnungen:
2003: Bundesverdienstkreuz am Bande
2004: Bayerische Verfassungsmedaille in Silber
2004: Altbürgermeister von Gauting
2010: Ehrenbürger von Gauting

Historischer Überblick

1938/39: Gründung der Kaserne
Auf dem heutigen Klinikgelände errichtete die deutsche Luftwaffe eine Ausbildungskaserne auf einer Fläche von 38 Hektar. Diese Kaserne umfasste unter anderem eine Flakscheinwerfer-Abteilung.

1942/43: Umwandlung in ein Lazarett
Im Zuge der Suche nach einer Spezialklinik für Lungenkranke wurde die Kaserne 1943 in ein Luftwaffen-Lazarett für tuberkulosekranke Soldaten umgewandelt. Die Kapazität wurde schrittweise von 500 auf 1200 Betten erhöht.

1945: Einzug der US-Armee und die Nutzung durch Displaced Persons (DPs)
Am 30. April 1945, mit dem Einmarsch der US-Armee in Gauting, wurden die bisherigen Patienten in andere Lazarette verlegt. Anschließend wurde das Lazarett für tuberkulosekranke „Displaced Persons“ (DPs) genutzt. Unter „DPs“ fielen Menschen, die infolge des Zweiten Weltkriegs aus ihrer Heimat geflohen, vertrieben oder verschleppt worden waren. Viele von ihnen waren Zwangsarbeiter und Überlebende von Konzentrationslagern, darunter überwiegend jüdische KZ-Überlebende sowie Menschen verschiedener Glaubensrichtungen und Nationalitäten.

Jüdischer Kultraum und Autarkie-Bestrebungen
In einem Teil des Klinikgebäudes, bekannt als „B-Bau“, wurde ein jüdischer Kultraum eingerichtet. Parallel dazu entstanden auf dem Gelände verschiedene Einrichtungen wie eine KFZ-Halle, eine Wäscherei, eine Gärtnerei sowie eine Schweine- und Schafzucht, was zu einer teilweisen Selbstversorgung beitrug.

Radio Gauting und kulturelle Angebote
Am 19. August 1948 ging „Radio Gauting“ als Haussender des Sanatoriums auf Sendung. Bis 1954 wurden bereits über 1000 Sendungen ausgestrahlt. Zusätzlich gab es ein Kino, in dem Filme wie Vom Winde verweht und Quo Vadis gezeigt wurden. Auch eine Patientenzeitung mit dem Titel Unser Leben erschien regelmäßig.

Überwachung und Schutz der Einrichtung
Das Gelände war zunächst von US-Soldaten bewacht, später übernahm die eigene DP-Polizei diese Aufgabe, bis letztlich das Krankenhauspersonal selbst für die Sicherheit verantwortlich war.

1951: Übergabe an die Landesversicherungsanstalt Oberbayern (LVA)
Nach der Auflösung der International Refugee Organisation (IRO) im Jahr 1952 wurde die Klinik 1951 der Landesversicherungsanstalt Oberbayern (LVA) übergeben. Zu diesem Zeitpunkt waren noch 746 DP-Patienten in der Einrichtung. Um deren langfristige Integration zu fördern, wurden Lehrwerkstätten für Berufe wie Maschinenbau und Elektrotechnik eingerichtet.

1999: Übergabe an Asklepios
Am 1. Juli 1998 wurde die Übergabe der Klinik an die Asklepios Fachkliniken beschlossen. Diese Übergabe wurde am 1. Januar 1999 vollzogen.

Die Geschichte der Klinik zeigt eindrucksvoll, wie das Gelände im Laufe der Jahrzehnte verschiedene Funktionen erfüllte und sich immer wieder neu an die Anforderungen der Zeit anpasste. Ursprünglich als Heilstätte für Tuberkulosepatienten konzipiert, hat sich die Klinik im Laufe der Jahre kontinuierlich weiterentwickelt und modernisiert. Heute bietet sie eine breite Palette an diagnostischen und therapeutischen Leistungen an und ist bekannt für ihre Forschung und Lehre im Bereich der Pneumologie. Die Klinik ist gegenwärtig Teil eines modernen Klinikverbunds Asklepios und setzt ihre lange Tradition der medizinischen Versorgung fort.

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